Steinzeitlicher Bogenbau Selbstversuch
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Moin zusammen!
Manche von Euch haben den Braten ja schon gerochen- Das nächste Experiment ist der Bau eines steinzeitlichen Bogens. Bogenbau? Der Stock mit der Strippe daran? Ist doch einfach... Nein! Tatsächlich steckt hinter einem Bogen einiges an Knowhow- So sieht es jedenfalls in der Literatur zum Thema aus. Es geht um Maserungen, gleichmäßiges Biegen der Wurfarme, Holzwahl usw usw Ich habe mich für Hasel entschieden, da das Holz als „anfängertauglich“ eingestuft wird. Der Bogentyp, der entstehen soll, nennt sich „Holmegaard-Bogen“ (Benannt nach seinem Fundort). Auf dem ersten Bild seht ihr, was man braucht, um den Rohling zu schaffen: Axt und Dechsel aus Geweih, sowie Holzkohle zum Markieren und Anzeichnen. Zuerst wird die Länge angepasst (Der Bogen soll der Körpergröße entsprechen. In meinem Fall 1,88mtr). Dazu markiert man die Länge umlaufend mit Holzkohle (Bild 2). Als nächstes wird mit der Geweihaxt die Überlänge entfernt. Die Axt muss schön scharf sein. Nachschärfen ist kein Problem und lässt sich in den meisten Fällen mit einem Flintabschlag und Sandstein schnell machen. Ein kleiner Hinweis zur Schärfe der Axt: Man kann sich tatsächlich an der Klinge schneiden.:rolleyes: Nun wird die Mitte angezeichnet. Hier tut sich auch schon das erste Problem auf: Wie misst man die Mitte mit steinzeitlichen Methoden? Hier musste ich passen und einen Zollstock benutzen. Wenigstens war es schon ein älterer... .:D |
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Nachdem die Mitte angezeichnet ist, markiert man die Grenzen des Griffbereiches.
Beim Markieren muss man beachten, dass man den Bogen gut fassen können muss UND: Der auf der Hand aufliegende Pfeil braucht auch noch etwas Platz! Nun fängt man von der Außengrenze des Griffes an, die Wurfarme zu bearbeiten (Schlagrichtung immer vom Griff weg!). Hierzu nutzt man den Dechsel. Man sollte allerdings vorher etwas üben, da das Arbeiten mit einem Querbeil anfangs ziemlich ungewohnt ist. Die Schläge sollen ja auch sitzen... . Zwischendurch muss man überprüfen, ob der Wurfarm auch gleichmäßig bearbeitet wird. Unebene Bereiche werden wieder mit Holzkohle markiert und ebenfalls von oben nach unten angepasst. Dann wird der Bogenrohling umgedreht und man kümmert sich um den zweiten Wurfarm. |
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Wenn die Wurfarme soweit sind, dass ein sauberes Schlagen nicht mehr möglich ist (Bogen federt bereits etwas), beginnt man, den Handgriff heraus zu arbeiten.
Hier wird, anders als bei den Wurfarmen, von den Außengrenzen zur Mitte gearbeitet. Wenn man die Mitte erreicht hat, dreht man den Bogen wieder um und arbeitet sich von der anderen Seite zur Mitte. Auf der anderen Seite das gleiche Spiel... . |
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Noch bestehende Unebenheiten werden wie oben schon erwähnt wieder mit Kohle markiert.
Wenn man nun überhaupt nicht mehr mit dem Dechsel Arbeiten kann, kommen nun weitere Werkzeuge ins Spiel: Scharfe Flintabschläge oder Klingen. Die Abschläge kann man mit etwas Leder RELATIV(!) sicher benutzen. Nun wird wieder von der Mitte ausgehend jeder Wurfarm Schicht für Schicht abgescharbt. |
Jetzt kann der Rohling erstmal weiter trocknen.
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Zitat:
Schnur in Länge des Bogens markieren oder ablängen, jetzt einfach doppelt nehmen. Thomas |
Zitat:
Darauf bin ich gar nicht gekommen:rolleyes: Naja- fürs nächste Mal weis ich nun Bescheid!:yeap |
Wirklich wieder ein spannender Versuch. Habe mir gedacht, dass Du an so etwas arbeitest.
Freue mich schon darauf, das fertige Produkt zu sehen! Viel Glück dabei weiterhin! |
Zitat:
Die Zielsetzung ist ein Bogen- aber funktionieren soll er auch. Ich will damit nicht an Wettkämpfen teilnehmen, jedoch würde ich mich freuen, wenn unser Deister(Bogen)geist das Teil hinterher mal auf Herz und Nieren prüft:brav: |
Klar, machen wir zusammen mal ne Runde auf dem Trainingsgelände. Bogenbauer trifft man da am Sonntag fast immer, die können vermutlich noch besser das Ergebnis deiner Bemühungen beurteilen.
Wichtig bei Holzbögen: vor Nässe(Öl und Wachs helfen) und praller Sonne(Hutablage im Auto) möglichst schützen und immer bei Schiesspausen(mehr als 15 Minuten sag ich mal) den Bogen entspannen. Erfahrung mit Natursehnen habe ich nicht, vermutlich ist da der Schutz vor Feuchtigkeit recht wichtig. |
Wie bewerkstelligts Du das Tillern der Wurfarme? Machst Du Dir dafür extra ein Tillerbrett oder so nach Gefühl?
Jochen |
boahhh...
... jetzt werfen die hier noch mit Fremdworten um sich :rolleyes: Ich wage zu bezweifeln, daß der gemeine Neandertaler dies schon im Wortschatz drinnen hatte ... :iron => tillern => sehr schöner Folge-Link => auch ganz schön ... in letztem Link ist sogar zu sehen, was man mit dem fertigen Boden dann so "erlegen" kann ... :clap :iron Gruß Jörg |
Wenn man sich die wenigen gut erhaltenen Bogenfunde anschaut, waren diese schon hervorragend gearbeitet und hatten nix mit einem "Flitzebogen" zu tun. Schließlich hing ja von so einem Bogen die Nahrungsbeschaffung ab. Ich gehe davon aus. dass man sich schon Gedanken über die Dynamik des Bogens gemacht hat. Schließlich sind ja die Wurfarme in Relation zur Pfeilauflage nicht gleich lang und bauen unterschiedliche Kräfte auf.
@ Jörg Die übermittelten Link finde ich sehr informativ. Jochen |
Hut ab fleischsalat, mit den Werkzeugen das Holz bearbeiten, da brauchts scho a bissl Geduld.
Hab mich auch schon mal am Bogenbau versucht, aber mit Hobeleisen u. Holzraspel. Ist auch einigermaßen was geworden...hab damals Akazie genommen. Danke für den Beitrag |
Zitat:
Ansonsten so gut es geht nach Auge. |
Such mal nach "Fletchers-corner"
Da hatte ich auch mal einen recht interessanten Bericht gelesen. Der hatte seinen Bogen auch noch mit Rohhaut belegt. Ob das belegen in der Steinzeit aber schon erfunden war kann ich nicht sagen. |
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Weiter gehts:
Auf Bild a) seht Ihr den Ausgangszustand heute Morgen. Ich habe angefangen, die Rinde auf dem Bogenrücken abzuziehen und mich dann dem noch ungleichmäßigem Bogenbauch gewidmet. Da man, wie schon erwähnt, keine Schlagwerkzeuge mehr verwenden kann, musste die gute alte Flintklinge herhalten. |
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Eigentlich wollte ich mehr schaffen, aber das Wochenende stand unter keinem guten Stern- Eines der Pferde musste mit Darmverschluss in die Tierklinik, mein Wagen hat Zicken gemacht, das andere Pferd ist alleine durchgedreht- und dann das:
Trocknungsrisse im Bogen! Um zu verhindern, dass der Bogen eben diese Risse am Ende bekommt, war er an den Enden mit Lehm beschmiert. Hätte wohl lieber Birkenpech nehmen sollen... . Die Risse (Zum Glück nur an einem Ende) habe ich mit einer selbst gezwirbelten Hanfschur "geschient". Hoffentlich ziehen sie sich nicht noch weiter. Im allgemeinen hat der Bogen beim Trocknen bisher nur einen leichten Drall bekommen, vielleicht war es auch ganz gut, dass ich nur wenig Material abnehmen konnte. es bleibt also spannend:yeap |
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Hier der aktuelle Stand:
Der Rohling hat sich beim Trocknen über gesamte länge um etwa 30 Grad gedreht.roar Um zu verhindern, dass er noch mehr aus der Form kommt, habe ich ihn auf ein- sagen wir mal "sauber gerichtetes Brett" gespannt. |
Oha.
Nun, ich habe es noch nicht getestet. Aber Wasserdampf soll ja wahre Wunder bei Holz bewirken, ein "Zurückbiegen" könnte möglich sein. Das Spannen auf ein Brett ist aber vielleicht schon ausreichend, viel Glück! Glückauf! Turkeygeist |
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Weiter gehts:
Der Bogen wurde vom Brett losgebunden und hatte sich zum Glück nicht noch weiter verzogen. Die "Notlösung" hat also funktioniert:yeap Heute habe ich unebene Bereiche markiert (Wie immer mit Holzkohle) und noch etwas Material vom Bogenbauch abgenommen. Mittlerweile kann man erkennen, das langsam ein Bogen daraus wird:D Im Anschluss wurde der Bogen wieder auf das Brett gebunden. |
Zitat:
Wasser rein, (großer) Gasbrenner drunter, Ventil aus dem Deckel schrauben, ein Abwasserrohr mit dem Bogen drin über die Öffnung setzen, mit Lappen obere Öffnung leicht verschließen. Der aufsteigende Dampf erhitzt den Bogen so, daß man den in eine vorher vorbereitete Biegeform einspannen kann und nach dem Trocknen/erkalten behält er auch seine Form. Das auf 2-mal - und der ging wieder. Nur mal am Rande. Mit Steinzeit hat das wenig zu tun. Respekt fürs Projekt. Gruß Zappo |
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An diesem Wochenende habe ich richtig was geschafft!
Auf den ersten Bildern seht Ihr den Ausgangszustand. Dann im Detail den schon erwähnten Trocknungsriss, der mir schon Kopfschmerzen bereitet hat. Der gerissene Bereich wurde so eng wie möglich mit Holzkohle markiert, um ihn entfernen zu können. |
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Das Entfernen des gerissenen Ende erfolgte dann mit dem Dechsel. Wichtig hierbei ist es, die Schläge immer von der Bogenmitte weg zu setzen.
Die entstandenen Ecken wurden mit einem frischen Abschlag ein wenig in Form gebracht. Ein kompletter Feinschliff war hier noch nicht notwendig, da ich ohnehin noch die Wurfarme zu den Enden „anspitzen“ musste. Die gleiche Arbeit war natürlich auch auf der anderen Seite nötig... . Bei der Gelegenheit habe ich auch gleich weitere unebene Bereiche mit Holzkohle markiert und sie dann geglättet. |
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Es ist schon erstaunlich, wie glatt man das Holz mit einem simplen Abschlag bekommt!
Als nächstes werden die Jahresringe markiert, um die Mitte zu finden. Diese wird dann (In diesem Fall musste ein Kompromiss gefunden werden...) bis zu den Enden verfolgt und markiert. |
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Vorher wollte ich mich aber noch um die Mitte (Griff) kümmern, da ich sobald die Wurfarme fertig sind,
kaum noch Möglichkeit zum Korrigieren habe. Der Griff wurde noch ein bisschen ausgearbeitet und geglättet. Die spitz zulaufenden Wurfarme wurden nun ebenfalls mit dem Dechsel grob in Form gebracht. |
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Nachdem beide WA in einem halbwegs guten Zustand waren, machte ich mich daran, die noch scharfen Ecken abzurunden und auch diese Bereiche zu glätten.
Um die Sehnennocks zu schaffen, habe ich schnell eine einfache Flintsäge geknippert. Für die Säge benötigt man nur einen Abschlag, ein kleines spitzes Geweihstück und etwas Leder. |
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Da die Säge nur ein „Wegwerfprodukt“ ist, wurde sie nicht geschäftet, sondern Leder sorgte für ein sicheres Halten.
Dann habe ich die Nocken eingesägt und die Bogenenden mit Wachs versiegelt. |
Schaut klasse aus.:yeap
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Der Bogen ist jetzt nicht mehr zum Trocknen eingespannt, sondern komplett gewachst.
Nach dem ersten "Bodentiller", der schon recht gut war, habe ich eine Hanfschnur eingehängt und von der Pferdeweide aus drei Pfeile auf den Acker geschossen. Hierbei stellte ich beim Spannen fest, dass ich den Bogen kaum ziehen konnte. Die Wurfarme sind noch zu stark und vor allem biegen sie sich noch nicht gleichmäßig. Um keinen Schaden zu verursachen, stellte ich das Schießen ein. Die verwendeten Pfeile waren übrigens modern, da die Repros noch nicht fertig sind (Es fehlt noch an Befiederung). Der weiteste Schuss ging 68,30 Meter- Für ein halbfertigen Bogen schon ganz okay, wie ich finde...:yeap |
Aktueller Zwischenstand:
Das Wachsen des kompletten Bogenrohlings hat gut funktioniert, es hat sich nichts verzogen oder verdreht:D Das gute daran ist, dass die Stellen, an denen noch gearbeitet werden muss, nach Materialabnahme einfach nur wieder versiegelt werden müssen. |
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Weiter gehts mit der Bastelei:
Da noch immer die Frage des Tillerns im Raum stand und das Tillern mit dem Fuß irgendwie nichts für mich war, habe ich mich für einen Kompromiss entschieden. Dazu musste zuerst ein gegabelter Ast her. Da dieser aber in der gewünschten Größe nicht zur Verfügung stand, musste die gute alte Geweihaxt wieder ihren Dienst verrichten. |
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Der zukünftige- ich sag mal „Tillerast“ wurde als Erstes von Ästen befreit. Dann habe ich ihn, um ihn in den Boden rammen zu können, am unteren Ende angespitzt.
Um feste Haltepunkte für die Sehne zu schaffen, habe ich mit dem Dechsel Kerben in das Holz geschlagen. Nachdem der „Tillerast“ fest im Boden steckte, konnte ich mit der feineren Arbeit beginnen. Auf dem letzten Bild in diesem Beitrag seht ihr den Ausgangszustand vor dem Tillern. |
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Hätte ich gewusst, was jetzt kommt, hätte ich den Rohling durch den Kamin gejagt...
Um festzustellen, wie sich die Wurfarme biegen und ob sie das vor allem auch gleichmäßig tun, wird der Bogen mit seinem Kraftmittelpunkt (Dort wo später einmal der Pfeil sitzt) in die Astgabel gelegt und die Sehne in eine der Kerben eingehängt. Selbstverständlich sollten man nicht von Beginn an den größten Auszug wählen. Nun kann man sehen, wo sich steife Bereiche in den Wurfarmen befinden. Diese Bereiche wurden mit Holzkohle markiert und nachdem der Bogen wieder vom „Tillerast“ abgenommen wurde mit einem Flintabschlag reduziert. |
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Nachdem man etwas Holz abgeschabt hat, wird der Bogen wieder in den Ast gehängt.
Wieder steife Bereiche markieren und wieder abschaben... |
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Das Spiel macht man dann eine ganze Weile.
Um hier nicht immer fast die gleichen Bilder zu zeigen, kommen jetzt nur ein paar Zwischen- und der vorläufige Endzustand. |
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Wenn der Bogen sich in etwa so biegt, wie man ihn haben möchte, werden mit einer Feuersteinklinge die Ecken abgerundet.
Nun kann man auch die restlichen Feinarbeiten und die „Kosmetik“ (Hier das Griffstück als Beispiel) durchführen. Wenn der Bogen rundherum halbwegs glatt ist, muss er versiegelt werden. Hierzu wird ein Stück Sehnenwachs am Feuer erwärmt und auf den Bogen gerieben. Wie man Sehenwachs zeitgenössisch herstellen kann, findet ihr hier: http://schatzsucher.de/Foren/showthread.php?t=74988 |
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Das Wachs wird dann mit einem Lederlappen auf dem Bogen verrieben.
Wie man sehen kann, perlt Wasser jetzt sehr gut ab. |
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Wenn alles soweit den Erwartungen entspricht, macht man sich daran, die Sehne zu wickeln.
Die Sehne besteht aus einzelnen Hanfschnüren. Zuerst werden die Enden der einzelnen Schnüre verknotet. Nun verdrillt man die Schnüre miteinander. |
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Die fertig gedrehte Sehne wird ebenfalls mit dem Sehnen-/Bogenwachs eingerieben, um sie unempfindlicher gegen Feuchtigkeit zu machen.
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