04.10.2019, 11:28 | #1 |
Ritter
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Kriegstagebuch 1. Weltkrieg
Hallo zusammen,
ich weiß nicht, ob es jemanden interessiert und ob dieses Forum der richtige Platz ist, aber weil wir das Thema Feldpost ja gerade erst hatten und die Schriftlichen Hinterlassenschaften meiner Vorfahren für mich auch eine Art Familienschatz sind... Ich habe vor einigen Jahren das Kriegstagebuch meines Urgroßvaters aus dem 1. Weltkrieg vererbt bekommen und abgetippt. Eine Beispielseite und ein Foto habe ich mal angehängt. Er war als einfacher Wehrpflichtiger beim 39. Preußischen Landwehr Infaterieregiment. Das Tagebuch beinhaltet die Zeit der Lorettoschlacht bei Arras und endet mit der Verlegung des Regimants an die Ostfront am 31.12.1915. Mein Urgroßvater hat den Krieg überlebt (zum Glück für mich ). Das Tagebuch ist erhalten geblieben, weil ein Freund von ihm aus dem gleichen Dorf im Krieg gefallen ist und mein mein Urgoßvater Vormund für dessen Kinder wurde. Hier der Text: 12. Juni Nachtrag: 6 Uhr, beobachten 12 Flieger über Arras die sich beschießen ohne Schaden zu leiden, ein schönes Bild. Der Donner der Kanonen dauert an. 13. Juni: Der Donner dauert an, Flieger kreisen beständig über uns und werden beschossen, sonst ist der Tag ohne Zwischenfälle verlaufen, bis 8 Uhr. Jetzt wurde der Donner in der Gegend bei Arras wieder stärker. 1/2 9 Uhr erhalten wir Besuch von 2 Fliegern, auf einen wurden 19 Schuss abgegeben die ihn zum Landen brachten (nach meiner Beobachtung). 14. Juni: Am heutigen Morgen komme ich zur 1. Abteilung und erhalte ein anderes Quartier. Drinnen ist ein unversehrtes Notre Dame Bild. Es wird geschmückt mit einer silbern-schwarzen Kette. Heute Morgen Messe und Beerdigung zweier Kameraden. Gegen Mittag erhalten wir gelindes Feuer, lässt am Abend nach, doch Flieger beobachten. In der Nacht vom 14. auf den 15. von 11 bis 3 Uhr sind wir im Schützengraben [...] und wurden von vorbeifliegenden Kugeln besucht, aber ohne Erfolg. Den 15. Juni schlafe ich bis 9 Uhr, denn ich war müde. Bezogen ein anderes Quartier und setzen es in Stand. Den Abend besuchten uns Flieger und wir wurden von einigen entfernten Granaten besucht. Den 16. morgens Besuch von einem Flieger. Um Mittag wurden wir in Marschbereitschaft gehalten denn in der Gegend bei Loretto Höhe und Arras wird stark gefeuert und auch wir wurden beschossen. Es ist jetzt 4 Uhr und ganz unheimlich ist mir zu Mute. Mein Kamerad Henke schwitzt schon beim Sturmgepäck zu Recht machen. 10 Uhr muss ich zum ersten Mal in den Graben, er birgt Raum vor den Franzosen und ist stark gebaut. Von 5-7 und 11-1 und 5-7 habe ich alleinstehenden Tagesposten. Die andern Männer mussten sich in den Unterständen aufhalten. Von mir der linke Flügel wird am meisten beschossen. Machten 600 Gefangene, geschrieben 17.6.1915 im Graben. Der 18.06.1915: Der Tag scheint recht heiß zu werden, denn ich stehe auf Posten um 6 Uhr und es fallen 30 Kanonenschuss in der Minute. Der Tag ist gut verlaufen, doch der 19.6. ist ein Tag den ich nicht vergesse, aber an den 20. kann das nicht kommen. Durch Verrat eines französischen Offiziers war bekannt, dass auf der ganzen Front angegriffen werden sollte und alles lag in Bereitschaft im Unterstand. Ich bin die ganzen 4 Tage auf Tagesposten, es scheint den ganzen Tag Schrapnelle und Granaten zu schneien. Einer wurde auf Tagesposten bald verschüttet und ist fortgeschafft worden. Auch innen lag der Graben von Fragmentsplittern besäht doch geht alles gut, denn der Franzose greift nicht an. Es wäre auch nicht gut für ihn verlaufen. Des Nachts um 11 Uhr kommt Ablösung und um 1 Uhr sind wir schon in Neuville im Quartier. Als wir gegessen haben ist es 4 Uhr und wir bringen uns zur Ruhe bis 9 Uhr. Erhalten um 11 Uhr den Befehl auf Fliegerstreife zu ziehen an der Straße von Neuville nach Wancourt, Mercatel und Beaurains (und Stellung Nokhaufen) nach Tilloy. Die kommenden Tage sind gewöhnlich aber der 26.6 scheint an Sport alle Tage zu überholen, denn es sind noch 8 schwere Artilleriekanonen aufgestellt und legen auf Arras und [...] los. Es ist der schönste Sport den ich je sah. Wenn unser Berta in langsamen Tempo die Luft über uns durchfliegt und am Ziel sich in eine ungeheure Rauchwolke hüllte und dadurch sich erkennen gab wo der Feind krepiert war. Der Feind erwidert das Feuer, begeben uns in die Unterstände und ich begab mich zur Ruhe bis mir ein Stein gerade in die Hand flog. Eine Granate hatte 2 Meter vor unserem Unterstand eingeschlagen und die Kantensteine fortgeschleudert. In der Nacht auf den 28. ein Angriff auf Arras und [...] auf Posten. Die Artillerien stark feuern. Der 29. ein Tag von wenig Bedeutung, wurde final mit Schrapnell auf unseren Graben geschossen, aber ohne Wert. Rückten heute 11 Uhr wieder ins Quartier. Der 30. ist nicht der schlechteste Tag. 2 Mal Apell und um 9 Uhr geht es bis 3 Uhr zum Schanzen nach Beauruins. 1/2 Stunde von hier, am 1. Juli habe ich einen Brief von Heinrich erhalten und eine Karte von Göke, dem geht es noch gut. Am 2. Juli 11 Uhr erhalten wir Unterstützung. 5 Uhr Unterricht über Wachdienst wo die Granaten uns vertrieben, sodass eine platzte in der Nähe und den Platz besehte. Die Stücke waren ganz heiß, ich hatte ein solches Stück in der Hand. Heute Abend rücken wir in den Graben. Die [...] ganzen 4 Tage habe ich jede Nacht gearbeitet. Am 2 Juli komme ich um 1 Uhr in den Graben und musste ohne nachzulassen auf Wache, 2 Stunden. Es wurde eine Munition bei Arras verschossen und richteten die Gebäude in […]. Sonst war der Tag gewöhnlich, 3 Mal wurden unsere Stellungen mit Schrapnell und Granaten beschossen. Der 3. Juli war wie der 2. und der 4, brachte viele Geschosse in die Nähe des Grabens und mein Kamerad Jenke fand ein in kurzer Nähe liegendes Geschoss und schenkte es mir. Ich will von ihm einen Aschenbecher machen. Der 5. Juli wie gewöhnlich, bloß dass wir [...] in der Nacht nach Heus ins Quartier mussten . Nach einem Tag in Reservestellung kommen wir vom 8 Juli an wieder in den Graben und bleiben dort 5 Tage welche wie gewöhnlich verlaufen sind. Die Zeit vom 08-25. Juli 1915 ist wie gewöhnlich verlaufen. Am 25. Juli habe ich die heilige Messe besucht, des Nachmittags um 5 Uhr. Ich stand und kniete auf einem Massengrabe und habe auch das Bußsakrament empfangen... Und habe Besichtigung von Oberstleutnant von Jagtmann gehabt. Er sprach bei dieser Gelegenheit, dass in der Zeit wo wir in Stellung waren auf einem 3 Kilometer langen Abschnitt 300.000 Kanonenschuss gefallen sein. Haben aber wenig Schaden getan und so geht es bis zum 9. August, da kamen wir nach [...] in Baracken. Ich traf den Karl (ANONYM) von (ANONYM) bei der Kirche, er freute sich sehr. Am 22 August habe ich das Buß- und Altarsakrament empfangen. Es geht gut bis zum 1. September, da wird die Stellung immer gefährlicher. Die Franzosen arbeiten sich vor und Artillerie sucht das zu verhindern. Am 3 September erhalten wir Artillerie Nachsendung, es sind in den 3 Tagen schon einige verwundet und einer nur auf Patrollie tödlich verwundet. Von der 7. beim Schanzen einer tot (Bauchschuss). Habe die Meldung vom Tode gebracht. Am 20. September in [...] viele in Stellung. Nur 25 Minuten ruhten wir in dem Felsenkeller. Um 3 Uhr bis 7 [...] in Stellung. Machten 500 Gefangene und die Bayern 67 Gefangene. Die Franzosen beschießen uns mit Schwefel. Es wurden 3200 von der 39. gefangen. Wir bleiben vom 25.9 bis 4.10. in Stellung und kommen von dort wieder in die Baracke. Am 15. Oktober habe ich die Beichte und die heilige Kommunion empfangen. Am 16. rücken wir wieder in den Graben. Am 22. des nachts erfahre ich die Nachricht das Karl (ANONYM) durch einen Bauchschuss verwundet und gestorben ist. Am 24. besuche ich das Grab von ihm, er liegt zu 3. nur in einem Grabe. Am 25. 4 Uhr gehen wir in Stellung. Am Abend des 3. November erhalte ich die Nachricht dass ich abkommandiert wurde. Kommen in Mercatel ins Quartier. Wir wurden von der Artillerie bei der Arbeit oft beschossen. Am 17. November treffe ich den Johann Göke der mit dem letzten Ersatz von Wesel gekommen war und wir können uns oft besuchen. Ich rücke am 22.11. ab zum Quartier in Boisleux am Mont Burlenan und beziehe am 23. die Quartiere, es ist dort ganz gut. Wir rücken am 29.12. ab, wohin ist unbekannt. |
04.10.2019, 12:49 | #2 |
Moderator
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das passt schon!!
so ähnliche schätze hab‘ ich auch ... nachcolorierte (photo-) postkarten aus‘m 1. wk!! da hatte man noch die zeit dazu!? gruß
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ich lasse mir nicht in meinem gehirn rumwühlen, ...
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04.10.2019, 22:36 | #3 |
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Danke für deine "Übersetzung" deines Familienschatzes. Finde ich ganz toll wenn jemand sich die Mühe macht das zu machen! Hast meinen Respekt
Da ich ja so ein Ostfront 1. WK Fetischismus habe , irgendwie bekommen... Interessiert mich aus deinem Familienschatz die Zeit an der Ostfront besonders! Bitte mehr!
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07.10.2019, 20:50 | #4 |
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Sehr schön....danke dir
Ich lese derlei Tagebücher sehr gerne.... habe von meinen Großvätern auch die Kriegstagebücher vererbt bekommen. Gruß Zardoz
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07.10.2019, 22:03 | #5 |
Heerführer
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Toller Schatz! Nicht weggeben
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30.07.2024, 06:10 | #6 |
Ritter
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Themenstarter
Hallo zusammen, ich wärme dieses alte Thema mal auf, weil es neue Erkenntnisse gibt
Aus dem Nachlass miner Großtante ist ein Fotoalbum mit Bildern und Feldpostkarten meines Uropas aus dem 1. Weltkrieg aufgetaucht, die ich euch nicht vorenthalten will. Er (Karl Sprenger) ist am 15.03.1915 eingezogen worden zum 1. Ersatz Batallion Inf. Reg. Nr 16, 4. Kompanie in Köln Mühlheim. Später dann zum LIR 39 bzw. LIR 430. Sechs Wochen nach der Einberufung ging es zum Truppenübungsplatz Sennelager Nähe Paderborn, da hat er dann eine Postkarte geschrieben (Bild 1 + 2). Er ist der große Kerl, zweiter von links hinten stehend mit Schnäutzer. "Wir sind jetzt auf der Fahrt nach der Senne habe Zeit zu schreiben. Diese Karte ist eine Photografie. Meine Adresse in der Senne ist dieselbe wie in Mülheim (Zur Zeit Sennelager bei Paderborn). Gruß Karl. werde Heinrich dort wohl treffen, habe mich ein bisschen erkältet. An Herrn Anton Sprenger Nr. 93, in Leiberg, Büren" Heinrich war sein deutlich älterer Bruder, der von 1881-1884 beim 1. Garde Infanterie Regiment in Potsdam war, im 1. Weltkrieg aber zu alt zum Kriegsdienst. Anton war ebenfalls ein älterer Bruder, der während des Krieges den Hof bewirtschaftete. Das dritte Bild ist auf dem Truppenübungsplatz Sennelager aufgenommen. Er ist der zweite von links, knieend. Aus der Zeit in Frankreich gibt es keine Bilder/ Post, aber dann von seinem Einsatz an der Ostfront aus der Zeit 1916-1918.
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30.07.2024, 06:18 | #7 |
Ritter
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Themenstarter
Hier die nächste Feldpost, die ich eindeutig meinem Uropa Karl zuordnen kann, aus dem Jahr 1917 von der Ostfront. Er hatte im Sommer 1917 vier Wochen Ernteurlaub und hat die Karte nach seiner Rückkehr an die Front an seinen drei Jahre älteren Bruder Franz geschrieben, der beim LIR 23 diente.
Er ist der, der rechts am Tisch sitzt. "Geschrieben den 04.08.1917 Lieber Bruder! Daß es mir gut geht kanst du an dieser Karte sehen. Sind noch auf derselben Stelle als vor meinem Urlaub. Ob wir auf lange hier sind ist fraglich. Sonst ist noch alles beim alten. Habe dem Karl Rustemeier auch schon geschrieben. Noch keine Antwort. Es grüßt herzlich dein Bruder Karl. Musketier Sprenger LIR 430 I. Komp. Landst. Sprenger Landst. Inft. Regt. 23 I Kompanie"
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30.07.2024, 06:46 | #8 |
Ritter
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Themenstarter
Das erste Foto ist von einem Atelier in Pinks (Weißrussland) aufgenommen. Es muss also aus dem ersten Halbjahr 1916 stammen, da Pinsk der erste Einsatzort des LIR 39 an der Ostfront war.
Die Fotos drei und vier sind mir unklar. Da gibt es leider keine Datierungs/ Lokalisierungsinformationen. Vor allem das vierte verwundert mich. Eine Feste Leipzig gab es nicht an der Ostfront (?). Hier bräuchte ich Hilfe von den Experten. Vielleicht zeigt das Foto aber auch Karls Bruder Franz vom LIR 23?
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30.07.2024, 06:53 | #9 |
Ritter
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Themenstarter
Neben dem Fotoalbum ist auch das Soldbuch aufgetaucht
Hier bräuchte ich Hilfe von den Profis. Findet jemand von euch darin noch weitergehende Informationen? Oder in den Fotos/ Postkarten?... Vielen Dank für eure Hilfe!
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30.07.2024, 07:01 | #10 |
Ritter
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Themenstarter
Hier noch eine Karte, die ich nicht zuordnen kann. Ich glaube nicht, dass die von meinem Uropa Karl ist. Das Kriegsjahr 1915 ging ja für ihn in Frankreich zu Ende und er war seit Sommer 1915 in seiner Stammeinheit. Vielleicht ist das sein Bruder Franz? Hat jemand an Hand des Stempels Informationen zur Einheit?
"An Herrn Heinrich Sprenger bei Fr. Dr. Rörig Paderborn Landstmann Sprenger 1. Landst. Inf. Ausb. Batal. 2 Kompanie 1 Korporale [...] Arnold. Frohe Weihnachten und glückliches Neujahr."
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