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Alt 05.04.2010, 17:41   #11
Andrew.derLuchs
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Zitat:
Zitat von oliver.bohm Beitrag anzeigen
Zu meiner Wunschliste kommt noch die alte Orangerie im kleinen Garten... damit das hist. Ensamble wieder komplett wird...

http://www.hannover.de/herrenhausen/...hte/index.html
Und so sah sie aus.

Palmenhaus im Berggarten



Palmenhaus in Herrenhausen | CDV | 1896 - Palmenhaus in Herrenhausen | 26.04.1908

Im Jahr 1849 wurde das von Georg Ludwig Friedrich Laves (1788-1864) erbaute Palmenhaus, das nach fünf Jahren die wertvollste und umfangreichste Palmensammlung Europas beherbergte, eröffnet. Von 1845 bis 1846 wurde der Berggarten durch Mauern und Zäune eingefriedet. Im Jahre 1880 kam das Große Palmenhaus von Richard Auhagen hinzu. Es handelte sich bei dem Gebäude um ein etwa 30 Meter hohes, palastförmiges Gewächshaus aus Glas und Stahl mit Galerien sowie Wasserfontänen, welches das bisherige Gewächshaus ersetzte. Dieses Palmenhaus war seinerzeit das größte Palmenhaus Europas.



Palmenhaus | 31.08.1937

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Geändert von Andrew.derLuchs (05.04.2010 um 17:45 Uhr).
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Alt 05.04.2010, 17:53   #12
aquila
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Das ist ja wirklich alles sehr schön und seit dem ich in Hannover lebe, habe ich die Stadt auch liebgewonnen und bedauere sehr, dass so viel Schönes nicht mehr existiert.

Aber! Es gibt keine historische Kontinuität für sich. Es gibt nur die Geschichte des Aufbaus, des Abrisses oder der Zerstörung und letzlich des Wiederaufbaus in neuen Formen. Das ist unsere kulturelle und historische Kontinuität. Andernfalls würden wir noch heute in Erdhölen leben.

Ich wünsche mir einen Neuaufbau des Schlosses, der die alte Pracht erahnen läßt, der die alte Schönheit erkennen läßt, aber der auch unseren Nachfahren etwas über unsere heutige Zeit übermittelt.

Wie perfekt so eine Rekonstruktion auch sein mag, sie wird nie mehr an das Gefühl der Menschen rühren. Sonst würden ja auch Besucher von Las Vegas die Architektur dort rühmen; tut aber niemand.

LG Aquila
__________________
Ich sehe verwirrte Menschen.

Geändert von aquila (05.04.2010 um 18:24 Uhr).
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Alt 05.04.2010, 18:12   #13
oliver.bohm
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Natürlich hast du recht.. ohne Zerstörung oder Abriß würden wir heute noch die Hütten aus dem frühen Mittelalter haben..und benutzen..

Und auch schon früher gab es bestimmt Proteste gegen neue Stilrichtungen ..

Aber das meiste der heutigen Moderne ist einfach langweilig..
Wie schon gesagt.. alle haben recht und auf einen Nenner kommen wir mit friedlichen Mitteln nie..

Das alte Kaffee Kröpcke und die alte Markthalle wären auch nett, allerdings am Kröpcke müßten wir noch einiges an der Umgebung feilen..

http://de.wikipedia.org/w/index.php?...20091003220029
http://www.stadthistorie.info/vergle...pcke/index.htm

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Alt 05.04.2010, 19:26   #14
niemandsland
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In der Ausgabe der Bahnzeitung (die morgens in den Zügen ausliegt) gab es im Januar (d.J.) einen Beitrag von International renomierten Architekten. Da wurden irgendwo am PoPo der Welt Wolkenkratzer errichtet, die zum Teil der Schwerkraft trotzen. Will sagen.. krumm und schief und total modern primär aus Glas und Stahl, konstruiert per CAD am Computer. Der Beitrag war sehr nett zu lesen.
Sicher, die Dinger sind modern, zeigen was heute geht.. aber ich weiß nicht (nur meine Meinung) ob das "moderne" alles rechtfertigt.
Einerseits bin ich froh, das Hannover ein Gebäude zurück erhalten soll, da gerade Hannover durch den letzten Weltkrieg viele historisch interessante und anspruchsvolle Bauwerke großer Baumeister für immer verloren hatte. Andererseits frage ich mich aber auch, ob es nicht heute sinnvolleres gibt, als einen Bau dieser Art wieder in die Landschaft zu stellen, den bis auf ein paar wenige Menschen (im Verhältnis zur Stadtbevölkerung) auch nicht so wirklich vermisst wurde. Okay, irgendwo fehlt da in Herrenhausen der Prunkbau. Keine Frage. Aber wenn ich schon was wieder hochziehen würde, gebe es bestimmt schönere Bauwerke. Nun, Hannover Herrenhausen ist das Aushängeschild der Stadt. Der Große Garten, Veranstaltungsort mit langer Tradition. Wichtig für den Tourismus der Stadt. Was vielleicht hier und da auch ein paar Taler in die leeren Kassen bringt. Trotzdem (und das ging mir eben spontan durch den Kopf) warum gerade das Schloß in Herrenhausen?

Wer sich für das alte Hannover interessiert, dem möchte ich mal ein paar Bücher ans Herz legen. Vielleicht ist dann auch verständlich, warum mich im Moment nocht nicht so wirklich für dieses Projekt erwärmen kann. (o;<

Wie wäre es zum Beispiel mit dem Frederikenschlöss'chen als Cafe-/Restaurant? In zentraler Lage am Frederikenplatz ?

Literatur

- "Hannover, so wie es war", Autor *Waldemar Röhrbein*, Droste Verlag, 1979, ISBN 3-7700-0544-9

- "Hannover - Wiederaufbau und Zerstörung", Autor Friedrich Lindau, Verlag Schlütersche GmbH, 2001, ISBN 3-87706-659-3

Unter vorbehalt auch...

- "Hannover - Porträt einer Stadt", Heinz Lauenroth (Hrsg), Fackelträger Verlag, 1959...1974, ISBN 3-7716-1361-2
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Alt 07.04.2010, 17:03   #15
Andrew.derLuchs
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Was soll ins Herrenhäuser Schloss?

Umstrittene Inneneinrichtung
Was soll ins Herrenhäuser Schloss?


Die alte Fassade des Herrenhäuser Schlosses kommt wieder, aber wie soll es im Inneren aussehen? Bauherr und Freundeskreis haben unterschiedliche Vorstellungen.

Die Vergangenheit ist zurück; das Herrenhäuser Schloss ist vollständig rekonstruiert. Überraschend zügig und geräuschlos, inklusive Wandgemälden und Tapeten. Jedenfalls als 2,85 Meter langes Modell, gestaltet vom Künstler Olaf Wöbbeking. Rainer Beckmann, Chef des „Freundeskreises Schloss Herrenhausen“, präsentierte dieses bei der ersten Versammlung des Freundeskreises in den Leineschloss-Gaststätten - und nutzte die Gelegenheit, für den Wiederaufbau des 1943 zerstörten Originals ein paar Wünsche vorzutragen: „Es wäre gut, auch im Inneren so viel wie möglich vom alten Bestand zu rekonstruieren“, sagte er. Der Freundeskreis will die Räume möglichst authentisch gestalten - das Modell hätte sozusagen Modellcharakter.

Wilhelm Krull, Generalsekretär der VolkswagenStiftung, die das Gebäude bis 2012 wieder aufbauen will, gab sich hingegen reserviert: Zwar seien Architekten im Wettbewerb gehalten, auf ein harmonisches Zusammenspiel von innen und außen zu achten, sagte er. „Es gibt aber die klare Ansage, im Hauptgebäude ein modernes Tagungszentrum zu schaffen, barrierefrei und behindertengerecht.“ Er sei zwar offen dafür, etwa historische Gemälde aufzuhängen. „Doch die Funktion als Tagungszentrum können wir nicht gefährden.“ Erste Konferenzen will die Stiftung als „Herrenhäuser Gespräche“ bereits im kommenden Jahr im Galeriegebäude veranstalten, um bei Themen wie Hirnforschung oder Gentechnik Wissenschaft und Öffentlichkeit ins Gespräch zu bringen.

In seinem Vortrag beim Freundeskreis skizzierte Krull außerdem, wie die Räume hinter der historischen Laves-Fassade aussehen sollen: Ein Hörsaal mit gut 200 Plätzen, Dolmetscherkabinen, die Räume sollen für verschiedene Veranstaltungen flexibel aufteilbar seien. Viel Platz für Interieur aus der glanzvollen Vergangenheit bliebe dabei wohl nicht: „Historisches könnte in den Seitenflügeln einen Platz finden“, sagte Krull. Diese sollen vom Historischen Museum genutzt werden. Er halte es für sinnvoll, die Museumsflügel unterirdisch zu verbinden, sagte Krull. „Unsere Satzung verbietet uns jedoch, dies finanziell zu fördern.“

Die Debatte ums Schlossinterieur rührt gewissermaßen an die Frage nach inneren Werten: In der Baugeschichte war eine Fassade immer auch ein Versprechen. Das Äußere eines Gebäudes traf eine Aussage darüber, was sich im Inneren befand - ein prachtvolles Herrschaftszentrum oder eine nüchterne Behörde. Wäre ein äußerlich alt anmutendes Schloss, das innen neu eingerichtet ist, so gesehen nicht eine grandiose Verpackung für etwas, das es gar nicht gibt? Nimmt unsere Epoche die Hülle für den Inhalt und gibt sich mit der Fiktion von Vergangenheit zufrieden? Oder ist bei diesem Bau vielleicht gerade das Äußere das Wichtige, weil es den Großen Garten als Gesamtkunstwerk abrundet?

Authentizität jedenfalls könnte der Schlossnachbau allein durch sein Inneres gewinnen - denn die Einrichtung wurde, anders als der Bau selbst, nicht komplett zerstört. Viele Stücke waren ausgelagert, als die Bomben fielen. Etliche Möbel und Gemälde hüten die Welfen heute im Fürstenhaus Herrenhausen, andere machten sie 2005 bei ihrer Auktion auf der Marienburg zu Geld. Der Freundeskreis wolle sich für den Erwerb von Kunstobjekten fürs Schloss einsetzen, sagte Beckmann. Möglicherweise bekommt er dabei Schützenhilfe: Christian Prinz von Hannover, der Sohn von Welfenchef Ernst August, hatte 2005 Unterstützung zugesagt. „Für einen Wiederaufbau des Schlosses Herrenhausen“, erklärte er damals in einem Interview, „würden wir reichlich Kunstgegenstände als Leihgabe zur Verfügung stellen.“

Kritik an Schlossführer mit NS-Passagen: Der langjährige Direktor des Historischen Museums, Waldemar R. Röhrbein, zeigt sich „befremdet“ über den vom Freundeskreis als Reprint veröffentlichten Schlossführer von 1937. Dieser wimmele nicht nur von kunsthistorischen Fehlern - auch NS-freundliche Passagen hätten nicht unkommentiert veröffentlicht werden dürfen. Beckmann wies die Kritik zurück: „Die Broschüre ist ein Dokument der Zeitgeschichte, das für sich selber spricht.“

Ausgrabungen abgeschlossen: Das Loch ist nicht tief, aber wer hineinschaut, blickt drei Jahrhunderte zurück in die Vergangenheit: Bei Grabungen sind am Rande des Großen Gartens in den vergangenen Wochen in nur 40 Zentimeter Tiefe Schlossfundamente aus der Zeit um 1700 ans Licht gekommen. Mehr, als viele zu hoffen gewagt hatten: „Wir haben genug gefunden, um die genaue Lage des Schlosses rekonstruieren zu können“, sagt Martina Pörschke von der Volkswagen Stiftung. Die Pläne aus dem 18. und 19. Jahrhundert allein wären dafür zu ungenau gewesen.

„Wir sind auch auf eine Steintreppe und ein kleines Kellergewölbe gestoßen“, sagt Michael Braune, Bauarchäologe am Landesamt für Denkmalpflege. Darin war ein zerlegter Kachelofen eingelagert. Auch ein aus Sandstein gehauenes Regal kam im Erdboden zum Vorschein - ebenso wie rostige Schlüssel, eine Milchflasche und Reste des Treppengeländers. „Die Funde sind eher bescheiden - als 1965 die Queen Hannover besuchte, wurde das Areal gründlich aufgeräumt und planiert“, sagt Braune. Dennoch werden die Denkmalpfleger noch ein Stück weitergraben. Und bis - voraussichtlich Ende nächsten Jahres - die Erdarbeiten für den Wiederaufbau des Schlosses beginnen, werden zwei Löcher offen bleiben. Als Besucherattraktion ganz eigener Art.

© HAZ - Simon Benne | 16.10.2009
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Alt 08.04.2010, 15:31   #16
Andrew.derLuchs
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Landtag ins Schloss

Landtag ins Schloss

Leserbrief zu dem Bericht ,,Startschuss für das Schloss" vom l. April 2010 in der HAZ:

Der Landtagsneubau wird am Ende natürlich weit mehr als die genannten 40 Millionen Euro kosten. Gleichzeitig wird ein Schloss wiederaufgebaut, mit einem modernen Tagungszentrum, das vermutlich auch einen Saal für eine dreistellige Teilnehmerzahl aufweisen wird. Werden Schlösser nicht auch gern von Abgeordneten genommen (siehe Schwerin, Potsdam)? Für weit über 40 Millionen kann man lange Tagesmieten und zusätzliche Sicherheit bezahlen, und der Betreiber freut sich vielleicht über einen festen Mieter. Den Oesterlen-Bau kann man dann sicher viel billiger einer anderen Nutzung zuführen, und alle könnten glücklich sein: die Volksvertreter im Schloss, die Steuerzahler über 40 Millionen, die zurück in die Bildung könnten, und der Fiskus, der auch etwas für sich behält.

Lehrte - Dr. Christian Schumann

Keine schlechte Idee!
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Alt 08.04.2010, 15:33   #17
Andrew.derLuchs
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Das Tafelsilber der Welfen - Was vom Schloss übrig blieb

Das im Krieg zerstörte Schloss Herrenhausen soll wieder aufgebaut werden. Teile der Inneneinrichtung überstanden den Krieg – und sind immer noch in Herrenhausen. Sofern die Welfen sie nicht zu Geld gemacht haben.

Nichts würde heute wohl noch an Johann Friedrich Heinrich Schnuphase erinnern. Vermutlich hätten ihn selbst seine eigenen Nachkommen längst vergessen, wenn da nicht der 27. Juni 1866 gewesen wäre. Die Schlacht bei Langensalza, Hannoveraner gegen Preußen. An diesem Tag rettete der kleine Soldat Schnuphase seinem König, dem blinden Georg V., das Leben. Plötzlich war Schnuphase wichtig. Sogar ein Maler kam und porträtierte ihn. Das Bild kam ins Schloss Herrenhausen – und Schnuphases Konterfei überdauerte die Zeiten als Kunstschatz inmitten einer Fülle von Kunstschätzen.

Das Schloss, das 1943 zerstört wurde, barg Hunderte von kostbaren Gemälden und Möbelstücken. Jetzt wollen einige engagierte Bürger das Schloss wieder aufbauen. Die passende Inneneinrichtung gäbe es noch – zumindest in Teilen. Denn viele Stücke waren ausgelagert, als die Bomben fielen, und überlebten so den Krieg. „Wo genau alle geretteten Kunstschätze in den Wirren der letzten Kriegsjahre gelandet sind, ist nur schwer zu ermitteln“, sagt die Kunsthistorikerin Alheidis von Rohr, die lange am Historischen Museum Hannover tätig war. Bei anderen Stücken ist gewiss, dass sie in Herrenhausen blieben. Zum Beispiel bei der Tapete.

Der 7,38 Meter lange Wandschmuck zeigt den reitenden Herzog Christian Ludwig inmitten von Hornbläsern und Hunden. Die kostbare „Herzberger Jagdtapete“ entstand um 1650 und hing zunächst im Welfenschloss im Harz. Im Jahr 1706 jedoch ging das Prachtstück auf Reisen – und zierte fortan, um einige Szenen ergänzt, das Falkenzimmer des Schlosses in Herrenhausen. „Man kann genau erkennen, welche Teile damals hinzukamen“, sagt Alheidis von Rohr. „Die neueren zeigen Menschen mit Dreispitz und Haarbeuteln – sie sind moderner gekleidet.“

Nach dem Krieg kam die berühmte Jagdtapete ins Fürstenhaus Herrenhausen, ein altes Palais im Besitz der Welfen – ebenso wie zahlreiche andere Einrichtungsstücke aus dem zerstörten Schloss. Zwei geschnitzte und vergoldete Tische von 1697, die von Putten getragen werden, fanden dort ebenso ein neues Domizil wie eine kostbare Gipsfigur, die König Ernst August darstellt.

Besonders Bilder aus dem Schloss fanden sich nach dem Krieg im Fürstenhaus wieder: Porträts von Leibniz und Herzog Georg von Calenberg etwa. Andere Gemälde zeigen eine „Ausfahrt Georgs V.“, dessen Kutsche an der Mühle von Limmer vorbeifährt, oder seine Frau Marie – nach ihr ist die Marienburg benannt – bei einem Ausritt. Auch das Porträt des Soldaten Schnuphase kam ins Fürstenhaus, in den Blauen Salon. So blieb in Herrenhausen noch ein Abglanz der vernichteten Pracht erhalten.

In den vergangenen Jahren allerdings haben die Welfen versucht, im großen Stil Kunstschätze zu Geld zu machen: „Sie haben auch viele Stücke aus dem Schloss Herrenhausen verkauft“, sagt Waldemar Röhrbein, früherer Direktor des Historischen Museums. Bei ihrer viel kritisierten Auktion auf der Marienburg im Oktober 2005 beispielsweise boten die Welfen auch Bücherschränke aus dem 19. Jahrhundert an, die wahrscheinlich im zerstörten Laves-Bau gestanden hatten. Auf einigen Möbelstücken klebten noch alte Etiketten mit der Aufschrift „Kgl. Schloss Herrenhausen“. Stühle aus dem Schloss gingen bei den sogenannten „Kellerlosen“ als minderwertige oder beschädigte Artikel für ein paar Tausend Euro weg.

Ein erhaltenes Inventarverzeichnis von 1708 listet Hunderte von Gegenständen auf, die sich damals im Schloss befanden. Darunter sind Kunstschätze wie eine „Lucretia“ von Lukas Cranach aus dem Jahr 1472, die heute im Landesmuseum hängt, und ein Gemälde, das Eva und ihre Kinder zeigt – gemalt um 1660 von der Äbtissin von Maubuisson, einer Schwester der Kurfürstin Sophie. „Auch dieses Bild wurde bei der Auktion auf der Marienburg von den Welfen verkauft“, sagt Alheidis von Rohr.

Welche Relikte aus dem Schloss sich derzeit noch in Herrenhausen befinden, ist unklar: Mauritz von Reden, Beauftragter des Hauses Hannover, gewährte der HAZ auch nach mehrmaliger Anfrage keinen Zutritt ins Fürstenhaus. Das Palais, das früher als Museum zugänglich war, ist derzeit für die Öffentlichkeit komplett geschlossen. Noch im April 2005 hatte Christian Prinz von Hannover, Sohn von Welfenchef Ernst August, Unterstützung für den Fall zugesagt, dass der Laves-Bau rekonstruiert werden sollte: „Für einen Wiederaufbau des Schlosses Herrenhausen“, erklärte er damals in einem Interview, würden wir reichlich Kunstgegenstände als Leihgabe zur Verfügung stellen.“

© HAZ - Simon Benne | 03.03.2007
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Alt 08.04.2010, 15:36   #18
Andrew.derLuchs
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Was Schlösser für eine Stadt bedeuten
Das Geisterschloss


Hannover bekommt sein neues, altes Schloss zurück – dabei ist es noch nicht lange her, dass hier ein anderes Laves-Schloss abgerissen wurde: das Friederikenschlösschen.

Der Wiederaufbau des Schlosses war bereits beschlossene Sache: Die Fassade des zerstörten Laves-Baus sollte in Herrenhausen neu erstehen, im Inneren sollten moderne Räume eine zeitgemäße Nutzung ermöglichen. Stadt und Land hatten dem Projekt hocherfreut ihren Segen gegeben. Am Rande des Georgengartens waren bereits einige Kleingärten eingeebnet, da das Schloss einen neuen Standort bekommen sollte. Sogar die Größe der Teeküche (9,4 Quadratmeter, im Obergeschoss) war schon verhandelt – da kamen den Planern die Kosten in die Quere. Statt, wie ursprünglich angenommen, 840.000 Mark sollte der neue, alte Feudalbau plötzlich rund 1,4 Millionen Mark kosten. Zuviel für das Landwirtschaftsministerium, das in dem Bau unter anderem die Landesjägerschaft einquartieren wollte. Im Jahr 1970 legte man die Pläne ad acta. Und seitdem ist das Friederikenschlösschen endgültig Geschichte.

Derzeit ist erneut der Wiederaufbau eines Laves-Schlosses beschlossene Sache: Die Volkswagen Stiftung will für 20 Millionen Euro das im Krieg zerstörte Schloss in Herrenhausen wieder erstehen lassen. Doch es ist noch gar nicht so lange her, da wurde in Hannover ohne Not ein Laves-Schloss abgerissen, das den Krieg überstanden hatte – eben das Friederikenschlösschen, das nahe dem heutigen Waterloo-Biergarten stand.

Die Geschichte der beiden Laves-Schlösser, des 1943 zerbombten und des 1966 abgebrochenen, ist ein Paradebeispiel dafür, wie der architektonische Zeitgeist binnen weniger Jahrzehnte drehen kann: „Heute erkennt man viel stärker als früher, was solche Bauwerke für die Selbstvergewisserung einer Stadt bedeuten“, sagt Thomas Schwark, Direktor des Historischen Museums. Vielleicht aber ist das jetzt geplante Schloss in Herrenhausen auch nur deshalb so reizvoll, weil es verloren ist. Weil es als fast übermenschliche Großtat erscheinen muss, der Vergänglichkeit ein Schnippchen zu schlagen und es gewissermaßen aus dem Nichts wiederzuerschaffen. Es ist wie im Osten, wo man mittelalterliche Dorfkirchen achtlos verrotten lässt, während die Rekonstruktion der komplett kriegszerstörten Dresdener Frauenkirche ungeahnte Energien freisetzt: Die Zerstörung des Schlosses in Herrenhausen steht für das Ausradieren von Geschichte im Krieg. Die Zerstörung des Friederikenschlösschens hingegen steht nicht für die Vernichtung einer Identität, um deren Wiedergewinn sich zu kämpfen lohnt, sondern für deren Aufgabe.

Mit Laves-Bauten jedenfalls, die nicht auf so schicksalhafte Weise vernichtet wurden wie das Schloss am Großen Garten, ging man teils wenig pfleglich um – und zwar sowohl vor als auch nach 1945. Das von Laves umgebaute Schloss Monbrillant im Welfengarten wurde 1857 nach Georgsmarienhütte versetzt und dort 1925 abgerissen. Heute verfällt die kleine Ruine des Mausoleums der Familie von Alten, errichtet von Laves 1842 in einem Wäldchen in Hemmingen; von Jahr zu Jahr verschwinden mehr Steine aus dem Ruinenhaufen. Auch der 1853 von Laves“ Kollegen Conrad Wilhelm Hase entworfene Bahnhof in Nordstemmen, der architektonisch auf die nahe Marienburg abgestimmt ist, verfällt; seit Jahren verläuft die Suche nach einem Nutzer erfolglos.

Das zierliche Friederikenschlösschen mit seinem Steinsockel und seiner Holzfassade hatte Hofbaumeister Laves 1817 im romantisch-klassizistischen Stil für Waterloo-General Carl Graf von Alten von Grund auf umgebaut. Es war 14 Jahre zuvor als zweigeschossiges Walmhaus erbaut worden, als Fachwerkkonstruktion. König Ernst August kaufte es 1840 für die schon erkrankte Königin Friederike. Die Namensgeberin sollte den Einzug in ihr neues Domizil allerdings nicht mehr erleben. Im Grunde ging es ihr nicht anders als später Niedersachsens Ministerpräsidenten: Auch sie sollten die Staatskanzlei, für deren geplanten Neubau das Schlösschen 1966 abgerissen wurde, nie beziehen – denn diese wurde niemals gebaut. Bis heute ist dort nur eine leere Rasenfläche, manchmal gastiert da ein Zirkus.

Die Zerstörung des Friederikenschlösschens hatte viele Väter: Besonders Ministerpräsident Hinrich Wilhelm Kopf hatte 1960 auf den Abbruch des Schlösschens gedrängt, auch sein Nachfolger Georg Diederichs hielt es nicht für möglich, den historischen Bau in die neue Staatskanzlei zu integrieren. Stadtbaurat Rudolf Hillebrecht war ohnehin kein Freund von Architektur des 19. Jahrhunderts. Ein Jahr nach dem Abbruch bezog die Staatskanzlei dann ihre Räume in der Planckstraße. „Unter diesen Umständen hätten wir das Friederikenschlösschen besser erhalten“, räumte Hillebrecht 30 Jahre später ein.

Dicke Aktenordner im Hauptstaatsarchiv dokumentieren, wie vehement Hannoveraner jahrelang für den Erhalt des Schlösschens kämpften: Bürgervereine stritten gegen den Abriss, auch der FDP-Landesverband bekniete Stadt und Land. Sogar der Bund der Architekten ergriff Partei für den historischen Bau: Er beauftragte einen Gutachter und entkräftete den offenkundigen Vorwand, die alte Bausubstanz sei marode: Bei kleinen Reparaturen sei das Schlösschen noch „weitere 80 bis 100 Jahre benutzbar“, hieß es.

Alles vergebens: Das Schlösschen fiel dem zum Opfer, was Kritiker heute als „zweite Zerstörung Hannovers“ brandmarken – der Vernichtung historischer Denkmäler nach dem Krieg. Im Jahr 1952 wurden das Palais Simon am Goetheplatz und bald darauf das Ratsgymnasium am Georgsplatz Opfer der Wiederaufbauplanungen, 1956 fiel das Wohnhaus von Campe am Friedrichswall, 1963 wurde die Wasserkunst am Landtag zerstört, und 1959 brach man die Garnisonskirche in der Calenberger Neustadt ab. Vor sieben Jahren entdeckten Studentinnen Säulenfragmente und Altarteile des Gotteshauses auf einem Bauhof in Hildesheim.

Den Überresten des Friederiken-schlösschens ging es nicht besser. Zwar hatte die Bezirksregierung dem Abbruch nur unter Auflagen zugestimmt; unter anderem wurden Pläne und Detailfotos für die Nachwelt angefertigt, das Staatshochbauamt hütet die Dokumentation noch heute. Teile des Schlosses sollten als Muster eingelagert werden. Doch HAZ-Recherchen brachten vor neun Jahren nur ein paar klägliche Trümmer im Keller des Umweltministeriums an der Archivstraße ans Tageslicht: ein paar morsche Bretter, ein paar rostige Nägel, ein paar Steine.

Man braucht nicht viel Phantasie, um sich auszumalen, wie historisch bedeutsame Gegenstände sich im Zwielicht eines Behördenkellers und mit wachsender Staubschicht allmählich in banales Gerümpel verwandeln. Ein zerbrochenes Kamingesims, Säulensegmente und ein Spiegelrahmen kamen schließlich ins Depot des Historischen Museums. Eine Portaltür des Friederikenschlösschens ziert heute eine Wand im Staatshochbauamt an der Celler Straße. Sie führt ins Nichts, hinter ihr ist eine Wand. Es hat eine unfreiwillige Symbolik: Das einzige, was vom Schlösschen blieb, sind Museumsstücke. Und eine Sackgasse.

© HAZ - Simon Benne | 10.01.2008
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Alt 08.04.2010, 16:13   #19
Andrew.derLuchs
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Einige Gebäude die ich gern wieder hätte - die aber nicht unbedingt aufgebaut werden müssen oder?!



Die Georgstrasse (mit Cafe Kröpcke) - Atelier Römmler & Jonas | CDV | 1897

1870: Café Robby, erbaut am Kröpcke von Otto Goetze, erweitert 1904 von Emil Lorenz und 1922 von den Brüdern Siebrecht. Später Café Kröpcke (nach dem Oberkellner und späteren Pächter Wilhelm Kröpcke) genannt. Im Juli 1943 bei Bombenangriffen zerstört. Neubau 1949 durch Dieter Oesterlen, dieser wiederum 1976 ersetzt durch den heutigen Bau von Joachim Matthaei & Partner), ergänzt 1996 durch das Expo Café.



Neue Wasserkunst mit Brunnen | 10.08.1900 Palmenhaus in Herrenhausen | CDV | 1896

1897: Flusswasserkunst von Hubert Stier. An der Stelle der 1226 zuerst erwähnten Klickmühle an der Leine nahe dem Leineschloss am Friederikenplatz errichtet. Stiers Neubau im Neorenaissance-Stil mit schlossartigem Turm und Renaissance-Giebel. Bei der Arrondierung der Altstadt 1963 im Zuge der Neuanlage des Cityringes mit Leibnizufer und Friedrichswall abgerissen. An der heutigen Wasserkunst am Friederikenplatz sind übriggeblieben: fünf Flussgötter-Köpfe von Carl Dopmeyer (1890) und drei Wappensteine (1612, 1670, 1864) der Klickmühle neben dem Eingang zum Fußgängertunnel unter dem Friederikenplatz.

1846–49: Großes Palmenhaus im Berggarten von Georg Ludwig Friedrich Laves, 1879–80 durch eine größeres von Richard Auhagen ersetzt, dies im Zweiten Weltkrieg 1943 zerstört. Heute steht an der Stelle das ehemalige Regenwaldhaus (seit Anfang 2007 SEA LIFE Hannover).



Artilleriestrasse (heute: Kurt Schuhmacherstraße) mit Mellini-Theater | 26.06.1905
Schauburg (Hildesheimer Straße 229) | 09.04.1912


1889: Das Mellini-Theater wurde am 7. September 1889 als ein Varieté und Operetten-Theater vom Zauberkünstler Hermann Mellini (1843-1923), eigentlich Herrmann Mehl, in der Artilleriestraße 10 (heute: Kurt Schuhmacher Straße) eröffnet. Die Architekten waren Theodor Hecht (1850-1917) und H. Siepmann, es hatte 1677 Sitzplätze. 897 tauchten laufende Bilder als Teil der Varieté-Vorstellung im Mellini-Theater auf. Dies waren die "Lebenden Riesen-Photographien" der Mme Olinka. Das Mellini-Theater zeigte bald darauf regelmäßig zum Abschluss der Vorstellungen "lebende Photographien". Damit sind in Hannover sehr früh die typischen Strukturen von Varieté mit Kinovorführungen entwickelt. 1930 wurde das Theater von Anton Lölgen gekauft und dann in ein reines Operettentheater umgewandelt. Von 1939 bis 1945 war das Mellini-Theater ein Teil des "Kraft durch Freude" Programms der National-Sozialisten. Von 1939 bis 1941 trat die in Hamburg geborene Volksschauspielerin Brigitte Mira (1910–2005) hier auf. Im Zweiten Weltkrieg, 1943 stark zerstört, wurde das Gebaüde 1954 abgebrochen.

1911: Schauburg (Schauspielhaus) in der Hildesheimer Straße, Ecke Schlägerstraße. Modernes Theater mit 1000 Plätze, im II Weltkrieg 1943 zerstört, nicht wieder aufgebaut.



1712: "Neues Haus" am Emmichplatz. Ehemals Quarantänestation gegen Pesterkrankungen, später Apotheke und ab 1837 zur Unterhaltung dienend. Dabei zunächst Theater, dann Vorläufer eines Zoos, dann Ausflugslokal. Im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt und 1973 endgültig aufgegeben



Hannover Markthalle 1891

1892: Alte Markthalle in der Karmarschstraße, entworfen vom Architekt und Stadtinspektor Paul Rowald nach dem Vorbild der Galerie des Machines (Maschinenhalle) auf der Weltausstellung 1889 in Paris, Eisenkonstruktion mit gemauerten Wänden und Ecktürmchen, größter Stahl–Glasbau des Kaiserreiches, im Sommer 1943 durch Bomben zerstört, 1955 wurde die Neue Halle nach den Plänen des Architekten Erwin Töllner auf den alten Fundamenten gebaut.



Hannoversche Synagoge 1885

1870: Die Neue Synagoge von Edwin Oppler, am 9./10. November 1938 während der Reichspogromnacht zerstört.



von Alten`s Gut - Herrenhaus | 27.08.1913

1698–1702: Von-Alten-Schloss in Linden im heutigen Von-Alten-Garten. Durch den Minister des Kurfürsten Ernst August, Graf Franz-Ernst von Platen-Hallermund, erbaut für dessen Frau Elisabeth, eine Mätresse Ernst Augusts. 1945 durch Bomben zerstört, nicht wieder aufgebaut. Reste im Von-Alten-Garten erhalten (Terrasse, Steinfiguren), heute Ambiente für sommerliche Jazzkonzerte.



Villa Willmer Tränenburg 1900

1890: Villa Willmer (sogenannte „Tränenburg") an der Hildesheimer Straße/Ecke Güntherstraße, erbaut von Karl Börgemann für den Ziegeleibesitzer Friedrich Willmer. Überstand den Zweiten Weltkrieg und wurde trotz lebhafter Proteste 1971 zugunsten eines Verlagsneubaus abgerissen.

1893–96: Garnisonkirche am Goetheplatz, von Christoph Hehl, 1959 trotz Protesten abgerissen, heute Schwesternwohnheim des Friederikenstifts.

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Alt 15.04.2010, 10:49   #20
Andrew.derLuchs
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Wiederaufbau

Freitag werden Pläne für Schloss Herrenhausen vorgestellt

In dieser Woche kommt Hannover der Wiedererlangung des Schlosses in Herrenhausen einen weiteren Schritt näher: Am Freitag werden die Pläne öffentlich vorgestellt.


Am Freitag (16.04.2010) werden im Leibnizhaus die Entwürfe der 14 am Wettbewerb beteiligten Architekten vorgestellt, den das Hamburger Büro JK Architekten gewonnen hat. Die Fassade des Schlosses Herrenhausen steht freilich längst fest. Sie wird dem historischen Vorbild entsprechen – oder genauer: einem bestimmten historischen Zustand, nämlich dem Aussehen des barocken Welfenschlösschens nach der klassizistischen Überarbeitung 1819/20 durch den Hofbaumeister Laves.

Voraussichtlich in zwei Jahren soll die kleine Residenz wieder dastehen. Dann werden die Blumenbeete, Springbrunnen und manikürten Alleen in einem der schönsten Barockgärten Europas wieder einen architektonischen Dialogpartner haben. Die Blickachsen im Garten werden nicht länger auf eine blinde Stelle zulaufen.

Hannover reiht sich mit der Entscheidung, den verlorenen Prestigebau zu rekonstruieren, ein in ein Konzert von Schlossrekonstruktionen. Braunschweig hat sein Stadtschloss 2007 fertiggestellt. Potsdam und – als Paradeprojekt – Berlin werden mit Schlössern nachziehen. In allen genannten Städten hat es lange und hitzige Debatten zum Für oder Wider von Rekonstruktionen gegeben. Verfechter reiner Lehren zogen gegen vermeintlich Altgestrige ins Feld. Man dürfe Beton*brutalisten nicht in Bannmeilen von Schlössern lassen, hieß es von der einen Seite, während andere Polemiken gegen „Rekonstruktionitis“ und „neuen Stuckismus“ richteten und in den Schlossbauwünschen entweder verkappte monarchistisch-traditionalistische Gesinnung witterten oder die Scheinhaftigkeit der „Retro-Architektur“ kritisierten.

Etwas Scheinhaftes haben die neuen Schlösser ohne Zweifel. Die Betonung liegt auf den Fassaden. Das Innenleben erscheint nicht nur nachgeordnet, sondern austauschbar. In Berlin, wo sich der Bund für eine geschätzte halbe Euro-Milliarde ein Stadtschloss leisten möchte, soll ein Museum die repräsentative Verpackung füllen. In Hannover plant die Volkswagenstiftung einen Mix aus Museum und modernem Kongresszentrum. In Potsdam soll der Landtag einziehen. Und in Braunschweig hat sich hinter einer mächtigen Schlosstapete – manche sehen es als Sündenfall – ein Shoppingcenter eingenistet.

Die Kulissenhaftigkeit ist nicht zu übersehen. Es geht um das Bildhafte. Die Rekonstruktion historischer Bauten, oft als Hobby von Traditionalisten belächelt, ist so gesehen durchaus ein modernes Phänomen. Sie zeugt von einem gewandelten Blick auf Städte. In unserem Zeitalter fortgeschrittener Musealisierung unterliegen auch Städte der „Logik der Sammlung“ (Boris Groys). Städte werden zu Sammlungen fotogener Monumente. Zugespitzt kann man sogar sagen: Erst der touristische Blick erzeugt die Monumente. Bei kriegszerstörten Gebäuden kommt dazu aber noch die Sehnsucht der Menschen nach einem Schließen von Lücken, die als schmerzhaft empfunden werden.

Dass das Bild – genauer: die Reparatur einer Kulisse – am Anfang steht, lässt sich besonders schön am Beispiel Berlins ablesen. Der Unternehmer Wilhelm von Boddien, der dem Förderverein Berliner Schloss e. V. vorsitzt, ließ in den neunziger Jahren am Schlossplatz das Schloss, gemalt von einer französischen Kulissenmalerin, als Bild auferstehen. Dieser Werbeschachzug half mit, die Bundestagsabgeordneten in Abstimmungslaune für den Wiederaufbau zu versetzen.

Da die Fassaden der Schlösser vorab feststehen, werden Architektenwettbewerbe für Prestigebauten in Firstclass-Citylagen – und das ist nicht ohne impliziten Witz – ohne Fassade ausgeschrieben. Die Architekten müssen praktisch nur noch die Displays für die Ausstellung historischer Ornamente liefern, was manche Baukünstler verärgert. Im Berliner Fall holte der Förderverein sogar vor der Entscheidung des Bundestags für den Schlossbau Spendenzusagen für Fassadenteile ein.

Das Berliner Büro Kuehn/Malvezzi ging in seinem leider nur mit einem Sonderpreis abgespeisten Wettbewerbsbeitrag genau darauf augenzwinkernd ein. Es schlug einen Baukörper vor, an den nach und nach, je nach Lebhaftigkeit des Spendenaufkommens, Fassadenteile angeheftet werden können. Für 50 Euro bekommt man beim Förderverein (http://berliner-schloss.de) eine Ziegelsteinbeteiligung, für knapp 200 000 Euro ein Kolossalsäulenkapitell, und mit rund einer halben Million Euro ist man bei einem Prunkportal dabei.

Als jüngst bekannt wurde, dass das Spendenaufkommen hinter den Erwartungen zurückblieb und der Bund das Schloss notfalls zunächst ohne Fassade bauen würde, zeigte sich die Voraussicht des Kuehn/Malvezzi-Modells. „Jetzt wird unser Entwurf realisiert“, sagt der Architekt Wilfried Kuehn säuerlich lächelnd.

Polemiken über ein vermeintliches Spendendebakel in Berlin scheinen verfrüht. Immerhin sind von den nötigen 80 Millionen Euro für die Fassade bereits 20 Millionen zusammengekommen – so viel betragen die geschätzten Gesamtkosten des Schlosses in Hannover-Herrenhausen. In Potsdam hat ein einzelner Bürger, der Software-Milliardär Hasso Plattner, 20 Millionen Euro gespendet. Schlösser sind populär.

Der Campanile am Markusplatz in Venedig oder das italienische Kloster Montecassino sind Rekonstruktionen verlorener Originale. Wohl kaum jemand bedauert ihre Wiederherstellung. Ein Restun*be*hagen aber bleibt bei Nachschöpfungen. Wenn man als Reisender irgendwo Halt macht und der Reiseleiter erklärt, man stehe „nur“ vor einem Replikat, so kann man sich, wie es der Philosoph Boris Groys einmal ausgedrückt hat, „innerlich beleidigt“ fühlen.

Mit der Zeit aber gerät in Vergessenheit, ob etwas ein Original oder eine Nachschöpfung ist. Genauer besehen handelt es sich bei vielen authentisch scheinenden Bauten um Nachschöpfungen. Brände, Kriege, Erdbeben legten Gebäude in Schutt – die Menschen bauten sie oft mit den vorgefundenen Steinen nach altem Vorbild wieder auf.

Das Authentische im Sinne des historisch Gewachsenen, mit all seinen Schichten und Brüchen, vermag freilich die perfekteste Rekonstruktion nicht wiederherzustellen. Es können nur bestimmte Zeitfenster dargestellt werden. So ist es auch beim Schloss Herrenhausen, das, bevor es zur barocken Sommerresidenz ausgebaut wurde, eine Fachwerkjagdhütte war.

Was jetzt rekonstruiert wird, ist das Bild vom Schloss, so wie es sich auf alten Fotografien, Ansichtskarten und in der Erinnerung älterer Bürger findet, die mehr als ein halbes Jahrhundert nach der Zerstörung des Baus immer noch die Lücke schmerzhaft empfinden. Gut, dass sie geschlossen wird.

* Vom 17. April bis zum 2. Mai werden die Schlosspläne im Historischen Museum in Hannover ausgestellt.



Großer Garten mit Blick zum Schloß | 22.12.1940

© HAZ - Johanna Di Blasi | 15.04.2010

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Geändert von Andrew.derLuchs (15.04.2010 um 10:57 Uhr).
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