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Alt 12.01.2021, 21:08   #58
luckychris 21
Ritter

 
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Kriegsende vor 70 Jahren: Letzte Panzerschlacht im Landkreis am 15. April 1945


er Ausgang des Zweiten Weltkrieges war bereits entschieden, bevor es im Landkreis Celle zu letzten Kampfhandlungen kam. Schon am 13. April waren Teile der 5. US Panzerdivision über den Raum Gifhorn bis an die Elbe vorgerückt. Nördlich von Celle gingen britische Verbände in nordöstliche Richtung vor und befreiten am 15. April das Konzentrationslager Bergen-Belsen. Südlich von Celle standen die US-Truppen der 84. Infanterie Division, deren Vormarsch zunächst noch durch zerstörte Brücken aufgehalten worden war. Auch ihre Spitzen sollten jedoch bereits am 14./15. April an der Elbe stehen. Allerdings hatte die 84. Infanterie Division schon bei Wienhausen eine Überraschung erleben müssen – einer SS-Kampfgruppe, welche über schwere Jagdpanther verfügte, war es am 13. April gelungen die Aller bei Bockelskamp zu überqueren. Diese Kampfgruppe unter dem SS-Hauptsturmführer Nicolussi-Leck hatte noch vor Wienhausen amerikanische Einheiten unter Beschuss genommen und auch noch einige Versorgungsfahrzeuge abgeschossen. Am 14. April stand die Kampfgruppe zwar nördlich der Aller – jedoch weit hinter den feindlichen Linien. Um Anschluss an die eigene Truppe zu finden, musste die Kampfgruppe Wiking zunächst in Richtung Elbe vorstoßen. Noch befand sie sich allerdings südlich der Allerheide zwischen Osterloh und Oppershausen. Das Problem: bereits am Morgen des 13. April war Lachendorf von Einheiten der 84. Infanterie Division besetzt worden – dies geht unter anderem aus den entsprechenden Militärberichten und Zeitzeugenaussagen hervor. Die SS-Kampfgruppe musste also anderweitig ausweichen.

In seinem Buch „Krieg in der Heimat – das bittere Ende zwischen Weser und Elbe“ berichtet der Autor Ulrich Saft von einem Panzergefecht, welches sich südlich von Hohne ereignet hat. Auch die Hohner Dorfchronik greift diese Geschehnisse auf. Das einzige Problem: dieses Gefecht hat nie bei Hohne stattgefunden. Neue Rechercheergebnisse, welche Hendrik Altmann für sein demnächst erscheinendes Buch „Die letzten Kriegstage im Flotwedel“ zusammengetragen hat, lassen darauf schließen, dass sich das besagte Panzergefecht bei Ahnsbeck zugetragen hat. Einheiten des 771. Tank Destroyer Bataillons hielten den Ort besetzt, als dieser gegen Mittag des 14. April von mehreren deutschen Jagdpanthern angegriffen wurde. SS-Untersturmführer Karl Jauss erinnerte sich nach dem Krieg: „Die Schützenpanzer schossen sich mit einigen Jeeps herum und weckten dabei die panzerbrechenden Waffen, die in unserer rechten Flanke postiert waren. Diese schossen zwei von unseren Panzern ab und auch mich mit der Bergewanne, als ich die zwei schwer verwundeten Kameraden übernehmen wollte. Aus einem Panzer kam niemand heraus – die aus dem zweiten hatten alle schwere Verbrennungen...“

Auf beiden Seiten gab es Verluste. Verbrannte SS-Soldaten wurden auf dem Lachendorfer Friedhof bestattet – überlebende in ein Lazarett in einer Lachendorfer Gastwirtschaft gebracht. Mit einer derartigen Gegenwehr hatten die US Truppen in dieser Gegend nicht mehr gerechnet. An ihr Ziel gelangte die Kampfgruppe Wiking allerdings nicht, wie H. Altmann in seinem Buch berichtet. Am 15. April löste sich die Kampfgruppe auf – allerdings machten die Alliierten noch in den Wochen später Gefangene, welche in Verhören angaben zur Kampfgruppe Wiking gehört zu haben.

Spektakuläre Ereignisse trugen sich allerdings auch noch knapp außerhalb der nördlichen Kreisgrenze zu. So kamen bei Steinhorst noch letzte Nebelwerfertruppen zum Einsatz und im Schmarloh bei Zahrenholz landeten noch kurz vor Kriegsende zahlreiche Flugzeuge eines deutschen Kampfgeschwaders.

Insgesamt kam das Kriegsende im Landkreis Celle recht schnell und dennoch forderten die letzten Kriegstage weitere sinnlose Opfer. Unmittelbar vor Kriegsende gelangten tausende KZ-Häftlinge auf Todesmärschen durch den Landkreis – die genauen Umstände sind teilweise bis heute nicht genau erforscht. Für die Zivilbevölkerung bedeutete der Einmarsch der Alliierten zunächst Sicherheit vor der Willkür des eigenen Staates. Allerdings herrschte in den Tagen nach Kriegsende vielerorts Chaos. So berichtete Hilda Kaune aus Schwachhausen, dass sich polnische Fremdarbeiter schon bald zusammentaten und plündernd durch die Dörfer zogen. Eines Abends machten sie in der Schweineküche die Äxte scharf – in dieser Nacht wurde abseits des Dorfes ein Rind auf dem Feld geschlachtet. Bei einer anschließenden Hausdurchsuchung fand die Militärpolizei in der Schlafkammer der Polen deutsche Maschinenpistolen und Handgranaten. Dies ist nur ein Fall der teilweise anarchistischen Zustände nach Kriegsende. Man fragte sich wie es weitergehen sollte.

Im Buch „Das Kriegsende im Flotwedel“ soll der Vormarsch der Alliierten im Landkreis Celle unter Berücksichtigung neuer Erkenntnisse, sowie zahlreicher Zeitzeugenaussagen, anschaulich vermittelt werden.

Quelle: https://celleheute.de/kriegsende-vor...-15-april-1945
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