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Alt 02.04.2021, 18:01   #63
Bergedienst
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Zitat:
Zitat von BastiSDL Beitrag anzeigen
Wie sich die Wissenschaft auf eine überwiegende frühbronzezeitliche Datierung geeinigt hat ist mir schleierhaft.
Ich schätze das ergab sich meist aus dem Kontext des Fundzusammenhanges.

Die Mär von "Blutrinnen" halte ich allerdings für sehr weit hergeholt, warum sollte das Blut nicht einfach über den Stein laufen.

Alles was Blutkult angeht bewegt sich die Wissenschaft auf einem dünnen Boden frühchristlicher Beschreibungen und Horrormärchen die ängstliche Schreibknechte den Heiden angedichtet haben. Die Atzteken habens aufgemalt aber hier in Europa ist viel Mystik dabei.

"Ich werfe nochmal den Opferstein an der Hertaburg in den Raum (Rügen)
Defenitiv Slawisch die Burg und wohl auch der Opferstein."

Köstlich. Ist das Märchen immer noch nicht ausgemerzt?

Nebenbei mal eine schöne Ausarbeitung:

Helmold geht also offenbar von einer Übersetzung des Namens "Svantevit" von "Suancte Vitus"("Sankt Veit") aus und sieht in diesem Gott nur eine mißverstandene Übernahme eines Heiligen. Wenn man bedenkt, daß in dieser Region die Ostkirche zuerst missioniert hatte, wo St. Veit ein wichtiger Heiliger ist, dann kann man sich auch vorstellen, daß eine spätere römische Mission noch auf Reste der ersten Mission stoßen konnte. Ähnlich werden wir es im Falle von Jutrbog noch sehen.
Diese Sichtweise des Helmold bestätigt übrigens indirekt auch Prof. Zdenek Vána ("Mythologie und Götterwelt der slawischen Völker" 1992, S. 89):
>Es scheint jedoch, daß der Kult Svantovits erst in der ersten Hälfte des 12. Jh. aufblühte ... Im 11. Jh. war er noch unbekannt, es kannten ihn weder Thietmar von Merseburg noch Adam von Bremen, zumindest hinterließen sie keine Nachricht von ihm. Helmold dagegen projiziert den Svantovit-Kult bis in das 9. Jh. zurück<
Vána übersetzt den Namen "Svantovit" von "svet" 😊 heilig, mächtig, kraftvoll) und –vit 😊 der Herrscher, Sieger), und schreibt (S. 89):
>Schon das weist darauf hin, daß der Name aus dem Attribut "der mächtige Herr" ("der Sieger") eines Gottes entstanden ist, dessen Name urspünglich anders lautete.<
Wir dürfen raten, wie dieser Gott wirklich heißt. Seine Attribute sind ein großes Trinkhorn (Mimirs Horn), Speere (Gungnir), über die ein Pferd geführt wurde, je nachdem, mit welchem Fuß es darüber trat, deutete man das als gutes oder schlechtes Zeichen für eine Schlacht, sowie das große, weiße Roß (Sleipnir), auf dem nach dem Glauben der Rügener der Gott in der Nacht herumreitet 😊 Wilde Jagd). Auch der Name des Ortes von seinem Haupttempel, "Arcona" ("Adlerkönig" oder "Erntekönig") sind Hinweise auf Wodan. Der Name Svantevit läßt sich auch übersetzen als "der heilige Viðr" und wäre somit auf Wodan zu beziehen. Aber auch "der heilige Weiße" 😊 "heiliges Licht") oder der "Schwan-weiße", sowie "der heilige Wissende" sind möglich. In der Knytlinga saga heißt der Gott "Svanraviz", dort ist nur die Zerstörung des Heiligtums Arcona nach Saxo Grammaticus wiederholt.
Nach Saxos Beschreibung soll Svantevit vier Köpfe gehabt haben. Als man in Wolin ein kleines Holzidol mit vier Gesichtern gefunden hatte (siehe Abb. links), hielt man es für ein Svantevit-Bild. Doch widerspricht dem Prof. Vána (S. 91):
>Doch in dem Gebiet, wo der summus deus Triglav herrschte, gibt es ansonsten keine Hinweise auf den Svantovit-Kult. Mit Blick auf die geringe Größe der Figur (9,5 cm) und ihre phallische Form handelt sich wohl eher um ein Amulett, das seinem Besitzer auf magische Weise Geschlechtskraft und Fruchtbarkeit sichern sollte.<
Auch auf die bekannte, vierkantige 2,7 Mtr. hohe Kalkstenstele von Zbruc, unweit Husjatyn in Galizien, die vier Gesichter unter einem Hut trägt , geht Vána ein:
>Gegen die Deutung, daß die Statue Svantovit darstellt, spricht vor allem die geographische Lage – so weit nach Süden reichte dieser lokale Kult sicher nicht – und die Form des Idols. Die Gestalt mit dem Trinkhorn z. B. hat weibliche Merkmale und gehört also eher einer Göttin, dasselbe gilt wahrscheinlich für die Gestalt mit dem Ring, und nur die restlichen beiden Figuren sind männlich. Das Idol von Zbruc zeigt also vier selbständige Gottheiten, deren Bedeutung und Funktion weiterhin fraglich ist<.

Fazit: Einen "slawischen" Gott "Svantevit" hat es nie gegeben, es handelt sich um einen Beinamen für den heiligen Veit oder für einen germanischen Gott, wahrscheinlich Wodan.
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Wenn man tot ist, ist das für einen selber nicht schlimm, weil man ja tot ist, nur die anderen müssen leiden. Genauso ist das, wenn man dumm ist.
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