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Reiner_Bay 07.06.2006 11:52

Kanonenkugeln entrosten
 
Bei mir liegen 3 rostige Kanonenkugeln (Eisen - Vollmaterial), die auf ihr Elektrolysebad warten. :dance

Das Problem ist eine geeignete Methode für Stromübertragung zu finden. Die Oberfläche ist gleichmäßig mit einer 2mm dicken Rostschicht bedeckt.

Wie bekomme ich hier einen guten Kontakt zum Kernmaterial der Kugel?:suspekt:

Ich habe mir überlegt dass ich evtl. den Rost an einer Stelle wegschleife, und ein möglichst kleines Stück Metall temporär mit MAG anschweiße. Dort könnte ich die spannungsführende Klemme im E-Bad anschließen.
Problem ist jedoch dass hierbei die Kugel durch das Schweißen thermisch belastet wird und später, nach Entfernung des Kontaktstückes, mit Sicherheit an der Oberfläche Beschädigungen zu sehen sind.

Alternativ bestände noch die Möglichkeit ein kleines Gewinde (M4?) in die Kugel einzubringen und dieses später wieder mit einer Art Pfropfen (fast) unsichtbar zu verschließen. Über eine Buntmetallschraube könnte man hierbei den Strom in die Kugel leiten.

Wer hat hierbei schon Erfahrung?:(
Welche Methoden sind bei der Entrostung der Kanonenkugeln noch sinnvoll?

fleischsalat 07.06.2006 12:17

Ich würde das Teil mit einer Drahtbürste an einer Stelle blank machen und dann
einen abgemantelten Draht drumwickeln. Zum Festdrehen mit ner Zange halten. Ich nehme immer flexible Leitung für sowas. Kannst auch noch starre Leitung an der Kontaktstelle unter die flexible stecken. So vergrößerst Du die Kontaktstelle. Oder Du legst den Draht kreuzförmig um die Kugel. Ungefähr so wie man das mit Geschenkband macht.
Bohren oder Schweissen würde ich nicht.

Peace007 07.06.2006 12:18

Schon mal an Lötzinn gedacht?
Die Hitzeentwicklung ist minimal und leiten tut es auch! Außerdem lässt sich Lötzinn relativ unproplematisch wieder entfernen.

Mit dem Kreuzband aus Draht um die Kugel ist aber trotzdem eine gute Idee!!!

C-4 07.06.2006 15:53

Löten ist wohl die beste Methode. Man kann den Rost natürlich auch mit chem. Methoden entfernen, Citronensäure geht, dauert aber lange. HEDP ist eine weitere Variante.

Reiner_Bay 07.06.2006 16:49

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Danke für die Ideen!!

Schweissen und Bohren will ich ja auch nicht wirklich.:brav:
Das mit den zusammengezurrten Draht klingt gut, werde ich als erstes versuchen.

Wie kann ich denn an der Kugel löten? Beim Weichlot mit dem Lötkolben werde ich wohl lokal an der Lötstelle die Hitze nicht hoch genug bekommen, die Kugel hat ja eine grosse Masse.

Hier mal ein Bild von meinen 3 Freunden:
Es handelt sich um zwei 5-Pfünder und um eine 8-Pfünder

Stubi 08.06.2006 21:48

Rainer Bay, hast du schon mal in Erwägung gezogen die Kugeln zu strahlen? Es gibt ja auch die Methode mit Nußschalen für empfindliche Oberflächen, muß ja nicht immer mit Schlacke gemacht werden.

Impex 10.06.2006 17:09

Nimm doch einfach so einen Drahrbürstenaufsatz für die Bohrmaschine. Da würde sich eine gewisse Patina erhalten ... Elektrolyse ist doch eher bei empflindlichen Kleinkram sinnvoll, bei einer Kanonenkugel wird schon nix kaputtgehen :grbl

Drusus 11.06.2006 13:18

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Hi Reiner,

also ich würde die Kugeln gar nicht übertrieben reinigen. Eine Kanonenkugel muss IMHO rostbraun sein, sonst wirkt sie nicht alt. Also ich würde sie einfach nur ein paar Tage mit WD-40 besprühen und so angefeuchtet in Plastiktüten legen und sie anschließend ordentlich abbürsten, so dass der grobe Rost weg, aber noch eine gewisse Patina übrig ist.

Aber das ist Geschmacksache.

Viele Grüße,
Günter

PS: im Anhang eine kleine Kanonenkugel (6cm Durchmesser), die ich als Kind von einem Kreter geschenkt bekommen habe und die meiner Vorstellung einer solchen entspricht.

Zeitzer 13.06.2006 20:49

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Hi

Schöne Stücke.:yeap Ich kann da Atame nur recht geben- gar nicht viel dran machen. Nach der Elekrolyse ist der Rost runter, das sind dann nur noch irgendwelche blanken Metallkullern. In den Museen liegen die Kanonenkugeln auch wie gefunden.
Bei der Kartätsche sieht man dann wenigstens, das die echt ist und als Dekoration macht sie sich auch nicht schlecht.:)

Gruß Zeitzer

Drusus 14.12.2006 23:25

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Hi Reiner,

mal eine Frage: hast Du Deine Kanonenkugeln mittlerweile gereinigt. Und wenn ja, wie und wie sieht das Ergebnis aus? Vielen Dank im Voraus.

Ich frag nicht ganz uneigennützig, da ich aktuell auch seit 2,5 Monaten eine Sechspfünder-Kugel in destilliertem Wasser liegen habe und sie bisher nur mit einem kleinen Hammer und zwei Drahtbürsten bearbeitet hatte, um sie von den groben Rostbeulen zu befreien. Ich denke mal, dass ich nicht mehr allzu viel mehr tun werde (außer in Parafin baden), da ich mittlerweile mit dem Look ganz zufrieden bin.

BTW: was Museen angeht, so sieht man dort auch ganz unterschiedlich behandelte Bodenfund-Kugeln, obwohl sie sogar aus der gleichen Schlacht stammen (siehe Bild).

Viele Grüße,
Günter

PS: verrätst Du, aus welcher Schlacht Deine Kugeln stammen? Wie kommst Du eigentlich auf Fünfpfünder? Dieses Kaliber ist mir unbekannt - ich würde eher auf Vier- oder Sechspfünder tippen, wobei ich mehr zu letzteren tendiere.

newbiex2006 14.12.2006 23:43

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Sehr schön, auf so eine Anleitung habe ich schon lange gewartet. Hab hier auch so eine unbehandelte fünfpfundige Haubitzengranate seit 2 Monaten rumzuliegen und noch nix zur Restauration getan. Hab mich vor der Lyse und dem Bad im destillierten H²0 gescheut, weil zu langatmig und aufwendig das ganze Prozedere. Ich hätte halt gern auch schnell, gute Resultate. Danke für die Tips.

Gruß, newbiex2006.

seewolf 15.12.2006 00:01

Hallo Reiner !
Ich habe noch nicht so viel erfahrungen mit der E- Lyse aber den besten Erfolg hatte ich bis jetzt mit: eine Stelle blank machen und den Kupferdraht mit einem Schraubenzieher draufdrücken und die Stelle mit Heißkleber Abdecken und beim erkalten im letzten moment den Schraubenzieher hochheben dann noch einen Tropfen Heiskleber drauf.Nach der E-Lyse einfach mit einer Zange abmachen.

Drusus 15.12.2006 00:04

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Zitat:

Zitat von newbiex2006 (Beitrag 275591)
Hab hier auch so eine unbehandelte fünfpfundige Haubitzengranate seit 2 Monaten rumzuliegen und noch nix zur Restauration getan. Hab mich vor der Lyse und dem Bad im destillierten H²0 gescheut, weil zu langatmig und aufwendig das ganze Prozedere.

Hallo newbiex2006,

wässern hättest Du Deine Kugel schon sollen, denn das Entsalzen wird laut C-4 immer schwieriger, je mehr die Kugel austrocknet (am besten ausgraben und feucht halten). Klar ist das Procedere gemäß http://www.restaurierung-und-mehr.de...ntsalzung.html etwas aufwändig, aber nicht kompliziert. Und mir persönlich macht das Spaß und ist jetzt auch ganz ideal für die dunkle Jahreszeit, wo man nach 17.00 Uhr eh nicht mehr rauskann.

Hier mal ein paar Bilder, welche den Werdegang der ersten 5 Wochen meiner Kugel dokumentieren.
Bild 1: Fundzustand, nur Erde abgewaschen.
Bild 2: nach 10 Tagen Wässern mit grober Drahtbürste behandelt.
Bild 3: nach ca. 5 Wochen einmal in heißem destillierten Wasser gekocht (ca. 25 Minuten), dann mit einem kleinen Hammer vorsichtig die größeren Rostbeulen "kleingeklopft" und anschließend noch mit zwei verschiedenen Drahtbürsten gebürstet.

Seitdem bürste ich sie alle 5 Tage noch mal ein bisschen (alle 10 Tage wechsle ich das Wasser) und in einem Monat kommt sie dann raus, wird ordentlich getrocknet und anschließend in Paraffin gekocht.

Viele Grüße,
Günter

PS: die Kaliber darf man übrigens nicht mit den heutigen Pfunden vergleichen. Damals war das Pfund nicht 0,5kg, sondern ganz nach Land unterschiedlich. Eine österreichische Sechspfünder-Kugel wog z.B. 2,74 kg. Und bei Hohlkugeln, wie Deiner, sieht die Sache eh noch mal anders aus - da wurde das Kaliber meist in Inch angegeben.

newbiex2006 15.12.2006 00:39

Jepp, Günter, hab verstanden ! Danke Dir ! Das Teil geht nachher (X+ 8 Std.) ins destillierte H²0. Und dann weiter lt. Anleitung C4. Wir wollen doch nicht, dass ausgerechnet bei mir ein Stück Geschichte einfach so verkommt, nein !!
(Aber hohl ist die noch nicht ganz, da befindet sich immer noch irgendwelche unbestimmte, grieselige, pulverförmige Materie im Inneren der Kugel, die das Gesamtgewicht von genau 2,5 kg nicht unwesentlich beeinflusst !!)

Gruß,newbiex2006.

curious 15.12.2006 01:00

Mach doch eine metallene Schraubzwinge fest, so wie die Masse bei größeren Schweißgeräten.

waldschrat01 15.12.2006 07:01

Hallo Reiner Bay,

ich habe vor Jahren mit meiner Methode sehr gute Erfahrungen gemacht. Einfach, ohne großen Aufwand.
Erst mechanisch entrosten. Kurze leichte Schläge mit kleinem Hammer. Bitte aber so, daß keine Dellen entstehen. Notfalls Vertiefungen mit kleinem Dremel bei Vertiefungen nachhelfen. Dann Sandgestrahlt..... Fertig. Mit Bienenwachs o.ä. konservieren wenn Bedarf besteht.
Wie schon hier zuvor erwähnt, sollte die normale Korrosionsschicht ruhig erkennbar sein. Sieht wirklich am besten aus. Blanke Kugeln wirken hierbei nicht optisch interessant.
Erfahrungsgemäß rostet solch eine Kugel nicht mehr sonderlich nach bei trockener Lagerung. Die Materialien sind anders als heute.
Meine Kugel verschenkte ich damals an einen befreundeten Waffenhändler, bei dem sie sich heute noch in der Ausstellung befindet und hat sich optisch nicht verändert. Ich persönlich habe sie damals überhaupt nicht konserviert.

Beste Grüße vom waldschrat01

Reiner_Bay 16.12.2006 00:30

Hi Günter,
viel Fortschritt habe ich hierbei noch nicht gemacht. Meine Kugeln liegen noch heute im DemiWasser. Der optische Zustand entspricht Deinem 3. Bild.
An sich hatte ich mich nun entschlossen die Kugeln nicht in die Elektrolyse zu geben, sondern in dem jetzigen Zustand zu lassen.
Sollte ich noch einige der Kügelchen finden kann es jedoch ssein dass ich eine für die vollständige Entrostung "opfere".
Das Gewicht hatte ich mit einer Waage ermittelt. Nach meinen Büchern gab es diese Kaliber auch. :grbl

Drusus 16.12.2006 13:04

Hallo Reiner,

ich habe hier etliche Bücher über die Napoleonischen Kriege und die daran beteiligten Parteien. Zumindest für diese Zeit konnte ich dort keine Fünfpfünder finden. Die verwendeten Kaliber für Feldartillerie waren Vier-, Sechs-, Acht- und Zwölfpfünder. Anfangs wurden auch Einpfünder-Kanonen verwendet, die sich aber als wenig effektiv herausstellten

Eine interessante (englische) Seite zu diesem Thema ist http://napoleonistyka.atspace.com/artillery_tactics.htm

Viele Grüße,
Günter

Drusus 31.12.2006 17:03

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Ich möchte Euch in diesem Zusammenhang noch was Interessantes präsentieren: die selbstreinigende Kartätschenkugel!

Das war jetzt natürlich stark übertrieben, aber das Teil hat mich schon erstaunt. Ohne Elektrolyse und ohne Chemie wird die wieder gut sauber. Einfach nur durch leichtes Klopfen mit einem ganz kleinen Hammer und Bürsten mit einer wichen Stahlbürste - Die Rostkruste fliegt da ganz von selbst weg und das Ding pellt sich wie ein Ei.

Ich war auch ganz überrascht, wie gut die Kugel (Durchmesser 28mm - aus einer franz. großen Büchsenkartätsche) unter der doch anfänglich sehr mächtigen Rostschicht erhalten ist - man kann noch gut die durch die Naht erkennen, wo die zwei Gussformen zusammen kamen und auch noch die Stelle, an der das Metall eingefüllt wurde.

Hier drei Bilder: 1 Fundzustand, 2. grober Rost weggeklopft, 3. nach 2 Wochen in destilliertem Wasserbad kurz rausgenommen und mit Hammer und Bürste gereinigt.

Viele Grüße, guten Rutsch und ein fundreiches 2007,
Günter

PS: meine Frau gehört zu den wenigen Menschen, die jemals einen Kartätschentreffer unbeschadet überlebt haben. Gesten lag sie in der Badewanne, wo sie einschlief und ich bürstete währenddessen im Waschbecken diese Kugel, wobei sie mir doch glatt aus der Hand flutschte und ihr seitlich auf den Rücken flog. Sie wachte zwar auf, erschrak tüchtig, schimpfte etwas und verwies mich nebst Kugel des Bades, aber mehr ist nicht passiert ;)

C-4 31.12.2006 17:48

Gibts, bei Guss-Teuilen erhält sich manchmal die Guss-Haut, der Rost befindet sich dann quasi darüber. Läßt sich leicht entfernen, diese Teile erhalten sich auch gut. Kommt aber immer auf den Boden an.

PS: Du solltest mal über einen anderen Arbeitsplatz nachdenken... auf meine Verhältnisse übertragen, wäre der Schaden beträchtlich größer gewesen... :D

Drusus 31.12.2006 20:05

Zitat:

Zitat von C-4 (Beitrag 278661)
PS: Du solltest mal über einen anderen Arbeitsplatz nachdenken... auf meine Verhältnisse übertragen, wäre der Schaden beträchtlich größer gewesen... :D

Hallo C-4,

das war ja nicht mal mein üblicher Arbeitsplatz. Ich bin diesmal sogar extra dorthin gegangen, damit sich meine Frau nicht beschweren kann, dass ich meinem Hobby viel mehr Zeit opfere als ihr. Also dachte ich, das kann man verbinden - sie badet, ich reinige und gleichzeitig unterhalten mir uns... na ja, und dann schläft sie dabei(*) ein und mir flutscht die Kugel davon.

Viele Grüße,
Günter, der nun gleich zur Party geht

(*) vielleicht hätte ich halt doch lieber über etwas anderes als den guten Erhaltungsgrad dieser Kartätschen-Kugel unter der Rostschicht reden sollen ;)

Reiner_Bay 01.01.2007 17:54

Liste der Anhänge anzeigen (Anzahl: 2)
Zitat:

Zitat von Atame (Beitrag 278689)
Hallo C-4,

das war ja nicht mal mein üblicher Arbeitsplatz. Ich bin diesmal sogar extra dorthin gegangen, damit sich meine Frau nicht beschweren kann, dass ich meinem Hobby viel mehr Zeit opfere als ihr. Also dachte ich, das kann man verbinden - sie badet, ich reinige und gleichzeitig unterhalten mir uns... na ja, und dann schläft sie dabei(*) ein und mir flutscht die Kugel davon.
Viele Grüße,
Günter, der nun gleich zur Party geht
(*) vielleicht hätte ich halt doch lieber über etwas anderes als den guten Erhaltungsgrad dieser Kartätschen-Kugel unter der Rostschicht reden sollen ;)


Hi Günter,
gibts von der Aktion dann auch Bilder? :freu



Ich wollte Dir noch die genauen Gewichte nennen:
1: 4000g
2: 3600g
3+4: 2700g
5: 2450g
(nicht die Reihenfolge wie auf dem Bild zu sehen ist)

Die Waage hat eine Genauigkeit von +/- 100g. Der Rost an der Oberfläche wird auch noch einiges ausmachen. Jedoch wundern mich die 400g Differenz zwischen 1 und 2 sowie die 250g Differenz zwischen 3+4 und 5.

Teilweise findet man unter dem Zunder/Rost auch soch schöne glatte Gusshäute wie bei Deiner Kartätschen-Kugel (siehe Detail)

Sicherlich habe ich schon etliche Kartätschen-Kugeln übersehen, die fallen beim DFX leider schon unter "unerwünschtes Kleineisen". Hier müsste ich die entsprechenden Leitwerte im Minusbereich rausfinden und auf Accept schalten.
Jedenfalls kenne ich die Stellen wo sie zu finden sind, solltest Du mal vorbeikommen gehen wir dort suchen..

Gruß
Reiner

Drusus 01.01.2007 19:22

Hallo Reiner,

wow, da hast Du ja schon eine schöne Sammlung!

Leider habe ich gerade Besuch und muss auch in 5 Minuten weg, darum kann ich noch nicht in meinen Büchern nachschlagen, aber was ich Dir schon mal mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sagen kann ist, dass die zwei 2700g schweren Kugeln österreichischen Sechspfünderkanonen zuzuordnen sind - die müssten dann auch ca. 9 cm Durchmesser haben). Vielleicht kannst Du mir in der Zwischenzeit ja noch die Durchmesser nennen.

Um Kartätschenkugeln zu finden, muss ich den Disc meines Vaquero ganz schön weit runterschrauben, sonst überliest er die auch. Das habe ich erst vor drei Wochen bemerkt und darum habe ich sicherlich schon etliche übersehen.

Ich freue mich schon auf gemeinsame Aktionen dieses Jahr. Ein Fachbuch zu Deinem Gebiet habe ich mir auch schon bestellt. Vielleicht finden wir damit ja ein paar Stellen, die Du noch nicht kennst.

Viele Grüße,
Günter

Drusus 01.01.2007 23:33

Hallo Reiner,

jetzt habe ich noch ein bisschen in meinen Büchern gewälzt und muss sagen, dass mich ein paar Deiner Kugeln doch vor ein Rätsel stellen.

Relativ sicher bin ich mir nur bei den 2700 g teilen - wie schon erwähnt sind das Österreichische Sechspfünder, die laut meinem Buch über die Österreichische Artillerie 9,03 cm Durchmesser haben und 2740 g wiegen sollten. Durch Korrosion kann man hier natürlich nicht diese exakten Werte erwarten.

Die 3600 g Kugel ist wohl ein französischer Achtpfünder. Leider ist hier in meinem Buch kein Gewicht, sondern nur ein Durchmesser von 10,3 mm angegeben. Aber wenn man die 2700 g durch 6 teilt und mit 8 multipliziert kommt man auf exakt 3600 g.

Interessant ist nun die 4000 g Kugel. Das wäre rechnerisch so ziemlich ein Neunpfünder. Dieses Kaliber fand ich in meinen Büchern aber nur bei den Briten, den Spaniern und den Portugiesen. Da Dein Schlachtfeld eher später in den Napoleonischen Kriegen liegt, könnte es sich aber um eine Beutewaffe aus den Schlachten auf der iberischen Halbinsel handeln - hier waren alle Spanier und Engländer gegen die Franzosen aktiv, Schlachten gegen die Portugiesen kamen erst später.

Die 2450 g Kugel ist ebenfalls sehr interessant. Das Französische Pfund lag bei 91,8 % des Englischen Pfundes, also bei ca. 417 g. Also müsste ein französischer Sechspfünder ca. 2500 g gewogen haben. Die Franzosen bevorzugten zwar ein System aus Vier, Acht- und Zwölfpfündern. Ab Mai 1803 wurde jedoch auf Sechs- und Zwölfpfünder umgestellt. Die Vier- und Achtpfünder sollten abgelöst werden. Zumindest auf dem Papier. In der Realität waren 2700 Vier- und Achtpfünder einsatzbereit für die bereits 3 Millionen Kanonenkugeln gegossen wurden. 1808 wurde die Produktion von Sechspfündern in Frankreich wieder eingestellt, wobei jedoch bereits reichlich Kanonen dieses Typs gebaut wurden und obendrein zahlreiche eroberte Exemplare aus Österreich und Preußen eingesetzt wurden. Ein Preußischer Sechspfünder käme also auch in Frage.

Last but not least ist es natürlich auch möglich, dass der leichtere Sechspfünder und der Neunpfünder der bayrischen Artillerie zuzuschreiben sind. Leider habe ich hierzu keine Daten in meinen Büchern. Ich versuche aber, mich mal schlau zu machen.

Viele Grüße,
Günter

Roy O ' Bannon 02.01.2007 14:14

Hallo alle zusammen,
meiner Meinung nach müsst ihr bei einer stark verrosteten Kanonenkugel Essigessenz anwenden, die entfernt in kürzester Zeit erstens den gröbsten Dreck sowie den gesamten Rost.
2-3 Tage in Essigessenz reinlegen und vorsichtig mit einer Drahtbürste über das gute Stück drüber schrubben. Denn dann kommt das Metall heraus wie es nach der Fertigung der Kanonenkugel war.

Ich hoffe das ich helfen konnte....

Roy aus NRW

C-4 02.01.2007 17:03

Zitat:

Zitat von Roy O ' Bannon (Beitrag 278929)
Hallo alle zusammen,
meiner Meinung nach müsst ihr bei einer stark verrosteten Kanonenkugel Essigessenz anwenden, die entfernt in kürzester Zeit erstens den gröbsten Dreck sowie den gesamten Rost.
2-3 Tage in Essigessenz reinlegen und vorsichtig mit einer Drahtbürste über das gute Stück drüber schrubben. Denn dann kommt das Metall heraus wie es nach der Fertigung der Kanonenkugel war.

Ich hoffe das ich helfen konnte....

Roy aus NRW

Hm. Essigessenz ist von allen Entrostern, die ich ausprobiert habe (und das ausgiebig..) der schlechteste gewesen. Definitiv nicht zu empfehlen. Unwirksam, greift Metall an und fördert das nachrosten.

Roy O ' Bannon 03.01.2007 20:51

Zitat:

Zitat von C-4 (Beitrag 278966)
Hm. Essigessenz ist von allen Entrostern, die ich ausprobiert habe (und das ausgiebig..) der schlechteste gewesen. Definitiv nicht zu empfehlen. Unwirksam, greift Metall an und fördert das nachrosten.

Hallo C-4,

Ich gebe zu das ich in Sachen Restauration noch nicht genügend erfahrungen sammeln konnte, aber welche Entrostungsmöglichkeiten kennst du denn noch ???

Gruß Roy

C-4 03.01.2007 21:16

Zitat:

Zitat von Roy O ' Bannon (Beitrag 279243)
Hallo C-4,

Ich gebe zu das ich in Sachen Restauration noch nicht genügend erfahrungen sammeln konnte, aber welche Entrostungsmöglichkeiten kennst du denn noch ???

Gruß Roy

Hallo, zunächst mal siehe hier die Diskussion, wie weit man überhaupt die Kugeln entrosten sollte, das hängt nat. auch vpm pers. Geschmack ab.
Dann gibts natürlich jede Menge chemische und mechanische Methoden, um Eisen zu entrosten. ich hab das alles mal in einer Datei zusammengefasst, die aber zu groß ist, um hier angehängt zu werden. Bei Bedarf kann ich dise per Mail schicken bzw. siehe: http://www.bodenfundforum.net/forum/...howtopic=14074

Drusus 08.01.2007 00:41

Hi Reiner,

ich diskutiere gerade mit ein paar Experten der Napoleonischen Kriege über Deine Kugeln. Und wir kommen nicht weiter. Die Durchmesser werden benötigt. Kannst Du bitte messen?

Viele Grüße,
Günter

Reiner_Bay 10.01.2007 19:19

Liste der Anhänge anzeigen (Anzahl: 3)
So, nun habe ich die genauen Daten für Dich, Günter.

Mit Hausmitteln ist es gar nicht so einfach einen genauen Durchmesser zu ermitteln.
Das Ergebnis Umfang mit Maßband durch 3.14 stellte mich nicht zufrieden. Meine Wurzeln als Werkzeugbauer kann ich einfach nicht ablegen.:brav:

Der geliehene Messchieber hat ausreichend lange Schnäbel, die Waage ist etwas genauer und die Mietze auf Bild 3 leistete mir zudem noch nette Gesellschaft.

Nr.Durchmesser am Kern ohne Rost - Aussendurchmesser - Gewicht
1:103mm - 104,5mm - 4090gr.
2: 99mm - 101mm - 3650gr.
3: 90mm - 91mm - 2740gr.
4: 90mm - 91mm - 2750gr.
5: 88,5mm - 89mm - 2490gr.


Bin schon auf Deine Erkenntnisse gespannt.

Gruß Reiner

Drusus 10.01.2007 19:38

Hallo Reiner,

ausgezeichnete Arbeit! :)

Ich persönlich bin ehrlich gesagt keinen Deut schlauer, aber ich hab das mal so an die Napoleon-Experten weitergegeben und hoffe, dass die uns nun was sagen können. Dann rühr ich mich wieder.

Viele Grüße und CU,
Günter

PS: nette Katze - witzig, wir haben echt noch mehr Sachen gemeinsam - vielleicht kriege ich ja auch mal ein Foto mit Kugel und einem unserer beiden Stubentiger zusammen. Wollte Deine Katze nicht gleich zu den Kugeln in die Kiste hüpfen? Unsere lieben ja solche Kartons ganz heiß und innig. ;)

Reiner_Bay 10.01.2007 19:50

@ Günter
Ja sie war natürlich gleich drinn in der Schachtel, wo ich sie sofort wieder "herausgestampert" habe. Die Rostbrösel und den Roststaub hätte sie dann mit ihren Pfoten schön auf meinem Teppich verteilt.:spank:

Drusus 20.02.2007 20:07

Liste der Anhänge anzeigen (Anzahl: 2)
Hallo Allesamt,

so, jetzt ist die Restauration meiner ersten und bisher einzigen (ich heiße ja nicht Reiner ;) ) Kanonenkugel abgeschlossen und ich bin mit dem Ergebnis sehr zufrieden (und hoffe, dass es auch so bleibt).

Auf dem ersten Bild seht Ihr den lediglich gewaschenen Fundzustand - man sieht, dass mein Sechspfünder deutlich stärker korrodiert ist, als Reiners Exemplare, die er ebenfalls in diesem Thread zeigt - das liegt an den unterschiedlichen Fundorten, denn alle Kugeln stammen aus fast der gleichen Zeit.

Auf dem zweiten Bild sieht man das Endergebnis. Die Kugel war fast vier Monate in destilliertem Wasser - 4 Liter + 3/4 Teelöffel Spülmittel + 8 g EDTA + 6 g NaOH, Wasserwechsel alle 10 Tage. Ansonsten wurde sie nur mechanisch gereinigt - die Rostbeulen habe ich vorsichtig mit einem kleinen Hammer ab- oder auch nur angeklopft und ansonsten sporadisch mit einer feinen Stahlbürste gebürstet. Nach dem Bad trocknete ich die Kugel 8 Tage auf der Heizung (Stufe 3) und bestrahlte sie gleichzeitig, wann immer ich in der Wohnung war, mit einer gewöhnlichen Schreibtischlampe aus nächster Nähe, wodurch sie schön heiß wurde. Zu guter Letzt kam die getrocknete und angewärmte Kugel dann in ein Parafin-Schmelzbad.

Den hübschen Kugelsockel gab's übrigens genau so im Baumarkt für wenig Geld... das war irgendein Bauelement für Holzmöbel, welches bereits eine runde Bohrung aufwies, welche perfekt zur Kugelgröße passte.

Abschließend möchte ich mich noch bei C-4 für seine hilfreichen Erklärungen auf http://www.restaurierung-und-mehr.de/ sowie seine individuellen Tipps auf meine Nachfragen und seine prompten Materiallieferungen bedanken.

Viele Grüße,
Günter

C-4 20.02.2007 21:39

Hallo, ist ja wirklich schön geworden. :yeap

Drusus 20.02.2007 21:53

Zitat:

Zitat von C-4 (Beitrag 291198)
Hallo, ist ja wirklich schön geworden. :yeap

Besten Dank, C-4! :)

Und auch wenn das o.g. Prozedere nach relativ viel Arbeit klingt, so muss ich sagen, dass mir diese doch richtig Spaß gemacht hat. Jetzt brauch ich erst mal die nächste Kugel, sonst geht mir direkt was ab! ;)

Viele Grüße,
Günter

Drusus 03.08.2007 22:38

Zitat:

Zitat von Reiner_Bay (Beitrag 278805)
Ich wollte Dir noch die genauen Gewichte nennen:
1: 4000g
2: 3600g
3+4: 2700g
5: 2450g
[.....]
Die Waage hat eine Genauigkeit von +/- 100g. Der Rost an der Oberfläche wird auch noch einiges ausmachen. Jedoch wundern mich die 400g Differenz zwischen 1 und 2 sowie die 250g Differenz zwischen 3+4 und 5.

Ist zwar schon eine Zeitlang her, aber ein Eintrag in einem Napoleon-Forum bringt hier endlich etwas Licht ins Dunkel.

Gemäß dem "Leitfaden zum Unterricht in der Artillerie für die Königl. Preuss. Brigade-Schulen dieser Waffe" (2., gänzl. umgearb. Ausg., Berlin 1829) heißt es:

Das Durchschnittsgewicht der Vollkugeln soll betragen:
der 3pfdgen Kugel wenigstens 2 3/4 Pfd., höchstens 3 1/4 Pfd.
der 6pfdgen Kugel wenigstens 5 1/2 Pfd., höchstens 6 1/2 Pfd.
der 12pfdgen Kugel wenigstens 11 Pfd., höchstens 13 Pfd.
der 24pfdgen Kugel wenigstens 22 Pfd., höchstens 26 Pfd.


Hieraus erkenn wir, dass es sowohl deutliche Unterschiede im Gewicht bei Kugeln des gleichen Kalibers geben kann (z.B. fast ein Kilo beim Zwölfpfünder), die wohl z.B. durch unterschiedliche Zusammensetzung des Gusseisens oder auch durch Gussfehler (Luftblasen) entstehen können. Wichtig war v.a. dass der Durchmesser der Kugeln passte, das Gewicht war eher nebensächlich.

Viele Grüße,
Günter

Stonewall 04.08.2007 01:55

Zitat:

Zitat von Atame (Beitrag 335785)
Ist zwar schon eine Zeitlang her, aber ein Eintrag in einem Napoleon-Forum bringt hier endlich etwas Licht ins Dunkel.

Gemäß dem "Leitfaden zum Unterricht in der Artillerie für die Königl. Preuss. Brigade-Schulen dieser Waffe" (2., gänzl. umgearb. Ausg., Berlin 1829) heißt es:

Das Durchschnittsgewicht der Vollkugeln soll betragen:
der 3pfdgen Kugel wenigstens 2 3/4 Pfd., höchstens 3 1/4 Pfd.
der 6pfdgen Kugel wenigstens 5 1/2 Pfd., höchstens 6 1/2 Pfd.
der 12pfdgen Kugel wenigstens 11 Pfd., höchstens 13 Pfd.
der 24pfdgen Kugel wenigstens 22 Pfd., höchstens 26 Pfd.


Hieraus erkenn wir, dass es sowohl deutliche Unterschiede im Gewicht bei Kugeln des gleichen Kalibers geben kann (z.B. fast ein Kilo beim Zwölfpfünder), die wohl z.B. durch unterschiedliche Zusammensetzung des Gusseisens oder auch durch Gussfehler (Luftblasen) entstehen können. Wichtig war v.a. dass der Durchmesser der Kugeln passte, das Gewicht war eher nebensächlich.

Viele Grüße,
Günter

Sehr interessant. Dann kommt auch noch hinzu, dass sich diese Maßstäbe zwischen den einzelnen Nationen um einiges unterschieden. Denn um nur mal ein Beispiel zu nennen, welches sich auf das Jahr 1805 bezieht: während das Kugelgewicht bei den Franzosen bei 5,9 kg hielt, so war es bei den Preussen und Sachsen bei nur 5,5 bis 5,6 kg. Wie man sieht ist also diese Sache eine Wissenschaft für sich und es gab auch bei den vielen einzelnen deutschen Fürstentümern oder Rheinbundstaaten einzelne Manufakturen, welche wieder ihre eigenen Kugeln gossen. Danke dir für die Auflistung.

Beste Grüße,
Matthias

Waldjunge 26.09.2021 21:29

Hallo zusammen, da der Beitrag schon etwas älter ist mache ich mir nicht all zu große Hoffnung das mir jemand helfen kann. Ich versuche es trotzdem mal..
ich habe diese Kugel gefunden und gereinigt (auch wenn es ohne Reinigung manchen besser gefällt) nun würde ich gerne wissen ob es auch eine 6 fündige ist? Sie wog mir Rost 3,2kg und hat einen durch Messer von ca.9cm. Nur ich kann nicht wirklich eine Gusslinie finden…
Könnt ihr mir da weiter helfen?
Liebe Grüße aus NRW
Mo

Waldjunge 26.09.2021 21:49

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Hier die Bilder :popcorn:
Gruß

ghostwriter 26.09.2021 23:23

schöne kugel … :yeap

wieviel wiegt sie ohne rost?
und bitte den durchmesser genauer:

https://www.kanonen-kugeln.de/


ps.: konservierung nicht vergessen!?


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