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-   -   Kleines Kupferfachbeil (http://www.schatzsucher.de/Foren/showthread.php?t=84408)

fleischsalat 02.11.2014 15:10

Kleines Kupferfachbeil
 
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Moin zusammen!

Hier seht Ihr, wie ein kleines Flachbeil aus Kupfer entsteht.
Beile dieser Art tauchen erstmals in der ausgehenden Jungsteinzeit auf. Diese Zeit, die sog. „Kupfersteinzeit“, taucht nur selten in den Zeitentafeln auf, sollte aber nicht außer Acht gelassen werden, da ihre Technologien den Weg in die Bronzezeit ebneten.

Bei diesem Beil handelt es sich um eine Rekonstruktion eines Originalfundes.
Das Original ist an einer Seite stark abgenutzt und wurde offensichtlich mehrmals nachgeschärft.
Zuerst hatten wir die Vermutung, das Stück könnte auch eine Meißelklinge sein, allerdings würde dann die einseitige starke Abnutzung keinen Sinn ergeben. Ein kleines Beil schien dann schon wahrscheinlicher... .

Werkzeuge aus Kupfer waren damals extrem selten und wertvoll- daher auch die aufwenige Schäftung mit einem Zwischenfutter (http://schatzsucher.de/Foren/showthread.php?t=84625) bei der Rekonstruktion.

Insgesamt wurden zwei Gussversuche in einen einfachen und damals verfügbaren Formstoff gemacht, die beide erfolgreich waren.

fleischsalat 02.11.2014 15:13

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Als erstes werden die anhaftenden Schlackeschichten auf einem Sandstein unter Zugabe von Sand heruntergeschliffen.

fleischsalat 02.11.2014 15:16

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Das Entfernen der Schlacke ist notwendig, weil man sie sonst beim Schmieden tief in das Metall drücken würde. Als Schmiedestein diente hier ein Blaubasalt.

fleischsalat 02.11.2014 15:19

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Zwischendurch muss der Klingenrohling mehrmals aufgeglüht werden.
Wenn die Schmiedearbeit erledigt ist, wird die Klinge nochmals überschliffen.

fleischsalat 02.11.2014 15:22

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Nun folgt der Feinschliff, bei dem auf Sand als Schleifmittel verzichtet werden sollte. Der Sand sorgt zwar für einen besseren Abrieb, allerdings hinterlässt er Riefen im Material.
Nach dem Feinschliff folgt die Politur, sozusagen das „Finish“.

fleischsalat 02.11.2014 15:25

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Mit einer Mischung von Asche und Wasser und einem Lederlappen glättet man feine Kratzer und man bekommt einen besonderen Glanz.
Zwischendurch sollte die Klinge mehrmals auf guten Sitz in der Klingenaufnahme, hier ein Zwischenfutter aus Geweih, geprüft werden.

Als nächstes kümmert man sich um die Schäftung. Wenn ein passender Stiel gefunden ist, wird er zunächst entrindet.

fleischsalat 02.11.2014 15:29

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Nach dem Entrinden, zeichnet man mit etwas Holzkohle die Position des Zwischenfutters an und kürzt den Schaft auf das notwendige Maß.
Danach wird der Teil der Schäftung, der später im Futter sitzt, ebenfalls angezeichnet und herausgearbeitet.

fleischsalat 02.11.2014 15:32

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Für einen möglichst perfekten Sitz braucht man bei diesem Arbeitsschritt eine große Genauigkeit.
Um diese zu erreichen und um zu verhindern, dass man zu viel Holz abschabt, gibt es einen simplen Trick:
Man umwickelt den Teil, der ins Schaftloch kommt, mit Blättern und drückt das Zwischenfutter so weit wie man kommt auf den Schaft. Hierbei färben sich nicht genau passende Bereiche grün und können gezielt bearbeitet werden.

fleischsalat 02.11.2014 15:35

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Wenn alles passt, wird der Schaft mit Sehenwachs versiegelt und bekommt (optional) eine Griffwicklung.

fleischsalat 02.11.2014 15:37

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Als nächstes wird das Zwischenfutter auf den Schaft aufgesetzt und mit Hornkeilen und Birkenpech zusätzlich gesichert.
Um die Klinge noch besser mit dem Futter zu verbinden, wird auch die Klingenaufnahme mit Birkenpech bestrichen

fleischsalat 02.11.2014 15:40

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Jetzt kann die Klinge eingesetzt werden. Um sie bestmöglich im Futter zu platzieren, wird die Klinge mit einem Holzschlägel in das noch heiße Pech geschlagen und ebenfalls zusätzlich mit Hornkeilen fixiert. Alles wird nach dem Einschlagen der Keile mit Pech verschmiert, was zwei Gründe hat:
Erstens schützt man die betreffenden Teile besser vor Feuchtigkeit und Zweitens bekommt man einen noch besseren Halt.
Als letztes wird die Klinge geschärft.

fleischsalat 02.11.2014 15:42

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Fertig!

fleischsalat 02.11.2014 15:44

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Hier nochmal der Vergleich mit dem Original.

insurgent 02.11.2014 15:48

Klasse Arbeit, Danke für´s teilhaben lassen :yeap

rhaselow1 02.11.2014 17:12

Hut ab!!!!Was das Zeit aufwendig ist...Danke fürs zeigen.m.f.g.Rico;-)))

oktavian 02.11.2014 17:15

Schöne Arbeit Jan, danke fürs zeigen:freu

Gruß Oktavian

Preussengold 02.11.2014 17:26

Respekt!

Kakadu 02.11.2014 20:53

Richtig klasse! Chapeau!!!! :yeap

sirente63 02.11.2014 21:02

Prima bebildert und lehrreich formuliert und beschrieben!
Eine gelungene Arbeit,gefällt mir außerordentlich. :yeap

behreberlin 03.11.2014 08:41

da hast du dir aber wieder ein Haufen Arbeit ans Bein gebunden und wunderschön dokumentiert

Bastard 03.11.2014 12:53

Ich finde deine Arbeit toll. Schon die Mühe die du dir machst und die Details, wirklich meine Hochachtung. Danke fürs zeigen...

ODAS 03.11.2014 20:03

Wie immer, einfach nur Klasse!

ogrikaze 03.11.2014 20:04

:yeap Danke Jan

brauke 03.11.2014 21:40

Nabend Fleischsalat,


richtig gelungene Arbeit und toller Bericht; wie immer.

Eine Frage habe ich. Du schreibst: "Zwischendurch muss der Klingenrohling mehrmals aufgeglüht werden."

Du schmiedest also kalt und entspannst dann mehrmals zwischendurch das Kupferstück?

Gruß

fleischsalat 03.11.2014 21:52

Zitat:

Zitat von brauke (Beitrag 837825)
Eine Frage habe ich. Du schreibst: "Zwischendurch muss der Klingenrohling mehrmals aufgeglüht werden."
Du schmiedest also kalt und entspannst dann mehrmals zwischendurch das Kupferstück?

Richtig. Kupfer und Bronze werden kalt geschmiedet. Der Härtegrad wird (Im allerbesten Fall) verdreihundertfacht. Für Bronze ist nach mehrmaligen Schmieden der Härtegrad von Carbonstahl belegt (!:eek!)
(Rockwellhärte 60, Vickershärte ca. 200)

Lemmi 82 04.11.2014 00:28

Schließe mich an und bedanke mich für diesen tollen Anschauungsbeitrag.:yeap

oliver.bohm 13.11.2014 18:59

Vom Feinsten , wie immer!!:clap

Shakerz 13.11.2014 19:35

Toll gemacht. Schau ich mir immer sehr gerne an.


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