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fleischsalat 14.04.2013 18:07

Herstellung von Birkenpech
 
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Einer der wichtigsten Werkstoffe ist Birkenpech.
Birkenpech ist der Kleber der Vorzeit. Mit ihm wurden u.a. Werkzeuge in ihre Schäftung geklebt, Einbäume abgedichtet und Pfeilspitzen im Schaft fixiert.
„Prähistorischer Kleber“ hört sich erstmal unspektakulär an. Bei genauerer Betrachtung des Werkstoffes werden aber schnell seine Vorzüge sichtbar:

Einfach herzustellen
Härtet schnell aus
Leicht zu lagern
Schafft sehr feste und haltbare Verbindungen
Gute Handhabung

Die Herstellung ist denkbar einfach. Man benötigt zwei unterschiedlich große Gefäße.
Das größere, dass später mit Birkenrinde gefüllt wird, hat ein kleines Loch am Boden, durch das das Destillat abfließen kann. Um zu verhindern, dass während des Brennvorgangs Sauerstoff ins Innere gelangen kann, benötigt dieses Gefäß auch einen Deckel.

Hat man alle Gefäße zusammen, sammelt man Birkenrinde. Es macht hierbei keinen Unterschied, ob die Rinde schon ein bisschen älter oder frisch vom Ast ist.
Bitte haltet Euch beim Sammeln der Rinde an heruntergefallene Äste oder geschlagene Bäume.

Die Rinde wird in kleinere Teile gerissen und fest in das Tongefäß gestopft.
Hat man genug Rinde gesammelt, gräbt man das kleinere der Gefäße bis zum Rand in den Boden der Feuerstelle ein.
Wenn man nun eine ebene Standfläche hat, stellt man das mit Birkenrinde gefüllte Gefäß mittig auf das im Boden eingelassene.

fleischsalat 14.04.2013 18:12

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Den Übergang zwischen beiden Gefäßen verschließt man mit Lehm. Wichtig hierbei ist, dass der Lehm nicht zu trocken und nicht zu feucht ist, da die Feuchtigkeit u.U. In den Ton der Gefäße zieht und diesen dann beim Erhitzen sprengt.
Man gibt das Wasser nur schlückchenweise dazu und rührt den Lehm dabei ständig um. Wenn man eine handvoll zusammendrücken kann, ohne dass es zwischen den Fingern herausdrückt oder/und von selbst zerfällt, ist der Lehm perfekt.

Als nächstes setzt man den Deckel auf und verschließt auch den Übergang Gefäß-Deckel mit Lehm.
Wenn alles gut verschmiert ist, macht man mit etwas Abstand zum mit Rinde gefüllten Gefäß ein Feuer.

fleischsalat 14.04.2013 18:17

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Das Feuer wird Stück für Stück an das Gefäß herangeführt. So wird es vor dem direkten Kontakt mit dem Feuer ordentlich aufgewärmt.
Hat das Feuer das Gefäß gleichmäßig umschlossen, beginnt im Inneren die Pyrolyse
(http://de.wikipedia.org/wiki/Pyrolyse), durch die das Pech gewonnen wird.
Wichtig ist es, dass das Gefäß von allen Seiten gut Hitze bekommt. Hier ist hervorzuheben, dass auch die Oberseite gut mit Holz bedeckt sein muss.
Nach etwa 45 Minuten lässt man das Feuer herunterbrennen und schiebt die Glut zur Seite (Achtung, man braucht die Glut später noch!) und lässt das Gefäß abkühlen.
Dann entfernt man den Lehm am Boden mit einem spitzen Stock.

fleischsalat 14.04.2013 18:20

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Sobald der Lehm entfernt ist, nimmt man den oberen Topf herunter. Im unteren hat sich das Pech gesammelt.

Das frisch gewonnene Pech hat in etwa die Konsistenz von Heizöl. Auch nach dem Abkühlen wird es nicht hart, da noch zu viel Wasser in ihm gebunden ist. Um das Wasser loszuwerden,
stellt man den Topf mit dem Pech NEBEN die Glut und wärmt ihn so auf. Hat er genug Hitze, stellt man ihn direkt in die Glut und rührt das Pech stetig um. Jetzt muss man wachsam sein: Nach ein paar Minuten fängt es im Topf an zu brodeln und es steigt Rauch auf. (Diesen besser nicht einatmen!). Sobald das Pech kocht, nimmt man den Top aus der Glut und rührt weiter. Sobald es etwas abgekühlt ist, stellt man es wieder in die Glut und wiederholt die Prozedur. Das ganze dauert ein paar Stunden. Zwischendurch kann man das Pech auch mal ganz abkühlen lassen und schauen, ob es nun vollständig aushärtet.
Um diese Prozedur abzukürzen, kann man die verkohlten Rindenreste zerreiben und dazugeben. Hiervon rate ich allerdings ab, da die Klebeleistung darunter leidet.

Um das fertige Pech zu verwenden, erwärmt man es einfach am Feuer und streicht es auf das zu klebende Werkstück.
Nachdem es abgekühlt ist, gleicht die Masse in etwa Lack.
Wichtig ist hierbei, mit angefeuchteten Fingern zu arbeiten, da man sonst sehr schnell dahinter kommt, warum man sagt "Es klebt wie Pech":eek:D

ACHTUNG:Vom Nachmachen rate ich ab! Das ganze kann sehr schnell außer Kontrolle geraten (Siehe letztes Bild). Wenn man beim Einkochen zu lange wartet, bevor man den Topf aus der Glut nimmt, fängt das Pech Feuer und ist kaum noch zu bändigen. Die Brandblase kam durch brennendes Pech, was mir auf die Hand geschwappt ist. Das Zeug geht einfach nicht aus.
Brennende Pechkugeln zerteilen sich beim Auftreffen auf den Boden zu vielen kleineren brennenden Tropfen, die sich ihrerseits beim Auftreffen auch wieder zerteilen. Ich hatte Mühe, den Flächenbrand im Garten zu löschen. Das ganze war letzten Sommer. Seit dem bin ich bei der Pechherstellung sehr vorsichtig geworden!

Preussengold 14.04.2013 19:09

Sehr schön, wirklich aber ich wünschte ich hätte im leben einmal Zeit für sowas;)!

Harzhorn 14.04.2013 20:14

Die Beiträge von Dir drucke ich immer aus und bringe sie meinem Enkel mit.
Ist sehr gut beschrieben--klasse--er lernt gerne mit diesen Beispielen

Harzhorn dankt Dir

NordSchorsch 23.04.2013 12:10

Sehr schön, alleine schon die Töpfchen. Das Pech, wenn es noch flüssig ist, kann man doch zur Herstellung von Fackeln nutzen?

fleischsalat 23.04.2013 21:59

Zitat:

Zitat von NordSchorsch (Beitrag 770366)
Das Pech, wenn es noch flüssig ist, kann man doch zur Herstellung von Fackeln nutzen?

Habe ich noch nie ausprobiert. Generell rate ich davon ab, das Pech zum Brennen zu bringen...

NordSchorsch 24.04.2013 08:51

Ich würde das auch nicht testen wollen, ich bleib dann doch lieber bei der Kerze, wenn ich denn mal etwas mit Feuer beleuchten möchte :)
Bienenwachskerzen duften auch besser...

Watzmann 24.04.2013 09:44

Zitat:

Zitat von NordSchorsch (Beitrag 770366)
Das Pech, wenn es noch flüssig ist, kann man doch zur Herstellung von Fackeln nutzen?

Mit Sicherheit.
Allerdings hat brennendes Pech wohl auch die blöde Eigenschaft sich zu verflüssigen und neigt damit zum tropfen.
Und da ich als Kind einmal eine "Fackel" aus einem Stock und einer Plastiktüte gemacht habe,
kann ich sagen,dass so tropfendes und auch noch dazu brennendes Zeugs,
mächtig "Aua" macht,wenn es auf die Griffel tropft.
Eine so kleine Brandblase in in Fleischsalats Bild ist da noch relativ harmlos.
Kann durchaus sein,dass Du mit der erkalteten Pampe auch die Haut mit abziehst!
(Mein ganz persönliches Plastikerlebniss!:cry)
Ich persönlich würde da vor irgendwelchen Selbstversuchen doch dringenst abraten.

Gruß Daniel

NordSchorsch 24.04.2013 10:56

JA! Sowas hatte ich mal mit einem brennenden Regenschirm... aber da war auch 'ne menge Alkohol im Spiel. hatte so manchen Tropfen auf die Haut gepropft gehabt, das war eine Sch...
Also ich bin jetzt nicht so heiss darauf, mir wieder die Pfoten zu verbrennen ;)


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